Eine
Geschichte über Emanzipation, Libido, Stolz und Vernunft - eben Weiblichkeit.
I. -
Richard
Auch wenn die Kollegen schon seit einer Stunde die Zelte
abgebrochen haben, bin ich noch immer auf hundertachtzig.
Und dabei weiß ich gar nicht mal, ob ich nun mehr auf
mich oder mehr auf Meier aus dem Marketing sauer bin. Sicher… Er hat sich diese
Unverschämtheit erlaubt, aber ich habe ihn ja geradezu dazu eingeladen.
Dumm, Cassandra. Ganz dumm!
Aber wer hätte ahnen können, dass dieser Fettsack über so
etwas wie Schlagfertigkeit verfügt, wenn er erst einmal zwei Bier intus hat?
„Sie könnten auch mal wieder einen Besuch im
Fitnessstudio vertragen“, hatte ich mich in das Gespräch über Lachmuskeln und
Samenstränge als Rechtfertigung für Bierbäuche eingemischt. „Frauen finden ein
paar weniger Samenstränge, die dafür besser in Form sind, nämlich wesentlich
attraktiver als das da.“
Ja… Martinis bekommen mir gar nicht. Ich sollte die
Finger von dem Zeug lassen…
Nach dem Spruch war natürlich Schweigen im Walde bei den
Männern. In Zeiten internetweiter Aufschreie über unangemessene Kommentare und
Klagen wegen sexueller Belästigung bei verbalen Übergriffen lernen selbst die
Deppen langsam, wann sie den Mund halten sollten.
Ich hätte es damit gut sein lassen können, denn meinen
Punkt hatte ich gemacht. Die Eiserne Lady hatte mal wieder einem nassforschen
Kollegen eine Schelle verpasst. Nächster Punkt auf der Tagesordnung.
Aber ich wollte wissen, was dem Blödmann auf der Zunge
lag. Es war so offensichtlich, dass er eine richtig gesalzene Antwort parat
hatte.
„Nur raus damit. Vergessen wir doch einfach mal für einen
Moment die Geschlechter“, schlug ich dummerweise vor. Schließlich war es ein
lockerer Abend zur Feier eines großartigen Vertrags. Da konnte ich auch mal
großzügig sein.
Und eine unfassbare Steilvorlage liefern…
„Das ist nicht das Problem“, gab der Mistkerl süffisant
grinsend zurück. „Ihr Geschlecht haben wir alle schon längst vergessen.“
Das saß. Natürlich. Ich kaue noch immer daran.
Mit einem einzigen Spruch, für den ich ihn noch nicht
einmal an den mickrigen Eiern gepackt kriege, hat er nicht nur die Schlacht
gewonnen, sondern gleich den ganzen Krieg.
Und mir gehörig die Laune verdorben.
Ich weiß ja, dass mich die meisten Kollegen für eine
frigide Zicke halten, aber sehen sie mich wirklich schon nicht mehr als Frau?
Habe ich meine Weiblichkeit auf dem Altar der Karriere geopfert?
Ich blicke in den Spiegel der Diskotoilette und sehe eine
Frau. Seriöse Hochsteckfrisur, businessmäßiges Kostüm mit Bluse und ganz
dezente Schminke. So wie es sein sollte, wenn eine Frau im Büro nicht wie ein
Flittchen wirken will. So wie…
Ach fuck! Das ist unfair!
Wieso darf ich nicht die Knöpfe der Bluse so weit
aufmachen, dass man meinen sauteuren BH zumindest ansatzweise erahnen kann?
Wofür habe ich vierhundert Euro ausgegeben, wenn kein Schwein das Ding zu sehen
bekommt?
Ich fühle mich rebellisch, als ich vier Knöpfe öffne. Und
noch viel rebellischer, als ich die Klammern aus den Haaren nehme und sie
ausschüttele.
Und dann fühle ich mich saublöd, weil ich aussehe, wie
ein unordentlich gerupftes Huhn.
Die Hand, die sich in mein Blickfeld reckt, lässt mir
fast das Herz stehenbleiben. Ich habe die dunkelhäutige Frau in den ultrakurzen
Partyklamotten neben mir am anderen Waschbecken nicht einmal bemerkt.
Sie hält mir eine Bürste hin. Ich sehe sie an und runzle
die Stirn.
Sie lächelt nur. Offen, freundlich, ohne erkennbare
Hintergedanken. Und warum sollte sie auch welche haben?
Sie ist locker fünf Jahre jünger als ich, aber wenn ich
mein Leben betrachte, könnten es auch fünfzehn sein. Wie lange ist es her, dass
ich diese Art von Solidarität unter völlig fremden Frauen erlebt habe?
Ich seufze und spüre, wie mir die Tränen kommen. Einfach
so.
Dass die kaffeebraune Schönheit mir daraufhin mit sanften
Fingern über die Seite meines Oberkörpers kitzelt, trifft mich unvorbereiteter,
als irgendetwas anderes in den letzten zwölf Monaten.
Ich kichere unwillkürlich, weil ich gar nicht anders
kann. Und dann schnaube ich und starre sie böse an. Was soll der Scheiß?
„Man kann nicht gleichzeitig lachen und weinen“, sagt sie
mit samtiger Stimme. „Und wenn du weinst, brauchen wir eine Stunde, um dich
wieder herzurichten.“
„Was?“, stammele ich. „Warum…?“
„Frauen halten zusammen, richtig? Vor allem gegen
Arschlöcher. Wer immer sie sein mögen und was immer sie getan haben.“
Sie sagt das, als würde es alles erklären. Und das tut es
verdammt noch mal auch.
Grimmig nickend nehme ich die Bürste und bringe Ordnung
in das Rattennest. Ich will verdammt sein, wenn ich mir von einem so saudummen
Spruch den Abend verderben lasse.
Selbst wenn… er wahr ist?
Shit! Da kommen die Tränen wieder…
Meine neue ‚Freundin‘ beobachtet mich und sieht es
kommen. Diesmal sieht ihre Taktik zur Verhinderung aber anders aus.
Sie gleitet hinter mich - Scheiße, wie kann sie sich auf
diesen Absätzen so bewegen? - und legt
ihre Arme um meine Hüfte. Ohne ihre hohen Absätze wären wir gleichgroß. So kann
sie jedoch ganz leicht ihren Kopf über meine Schulter schieben und ihre Wange
an meine Schläfe legen.
Was die Tränen aber wirklich wieder zurückdrängt, ist die
Hand, die von unten meine linke Brust berührt und sie leicht anhebt.
„Man kann auch nicht gleichzeitig überrascht sein und
weinen“, erklärt sie ihrem Spiegelbild und der anderen Frau darin, die mit
weitaufgerissenen Augen völlig fassungslos auf das Geschehen starrt. „Habe ich
von meinem kleinen Sohn gelernt.“
„Findest du mich männlich?“, winselt die komische Frau im
Spiegel mit der entfernten Ähnlichkeit zu mir.
„Süße…“, haucht sie mir ins Ohr. „Wenn ich dich männlich
finden würde, hätte ich dich niemals angefasst.“
Alle Tränen sind vergessen, als ich ihren unglaublich
sinnlichen Tonfall verdaue und dabei meinem Spiegelbild zusehe, wie es die
Augen auf Untertassengröße aufreißt.
So sieht also ein Reh im Scheinwerferlicht aus? Aha…
Ich bin völlig perplex, denn alle meine Antennen sagen
mir, dass sie mich anmacht. Alle Antennen und… nun… ihre Hand, die sich sachte
ein wenig weiter auf meine Brust schiebt, vielleicht auch.
Mit funkelnden, braunen Augen sieht sie mich im Spiegel
an. Ihre Lippen sind leicht geöffnet und schimmern einladend.
Whoops! Stopp! Ich bin doch nicht…
„Muss eine Frau lesbisch sein, um von einer Frau
getröstet zu werden?“, fragt sie.
Wie zum Henker kann eine Stimme so unfassbar sinnlich
klingen? Und woher zum Teufel weiß sie, was ich gedacht habe?
Gut… Wenn ich mein Gesicht betrachte, ist die zweite
Frage leicht zu beantworten.
„Was du jetzt wirklich brauchst, ist Bestätigung“, raunt
sie mir zu. „Wir machen dich zurecht und dann gehst du da raus und lässt dir
von ein paar Männern den Hof machen. So richtig.“
„Aber…“, will ich widersprechen.
Da sprechen tausend Gründe dagegen. Und
neunhundert-neunundneunzig haben mit meinem Ruf und meinem Job zu tun.
„Kein ‚aber‘ heute Nacht“, sagt sie beschwörend und blickt
mir dabei in die Augen. Ich fühle mich wie Mogli in der Umarmung von Kaa. ‚Hör
auf mich… Glaube mir…‘
Und - so absurd ich das selbst finde - ich will es.
„Heute Abend bist du keine taffe Geschäftsfrau“,
suggeriert sie mir. „Du bist eine heiße, kleine Büromaus. Und das einzige Wort,
das du nicht fehlerfrei tippen kannst, ist Emanzipation.“
Ich muss kichern, weil das ziemlich absurd ist. Aber dann
klappt mir die Kinnlade runter, weil ich kichere wie ein Teenager. So wie ich
es seit zehn Jahren schon nicht mehr getan habe.
„Du bist sexy und unter deiner seriösen Oberfläche heißer
als ein Vulkan. Wir müssen nur dafür sorgen, dass du das nicht wieder vergisst,
wenn du da raus gehst.“
„Und… wie tun wird das?“, höre ich meine Stimme fragen.
Eine knappe halbe Stunde später weiß ich die Antwort. Und
ich kann noch immer nicht fassen, dass ich mich darauf eingelassen habe.
Martinis sind definitiv nicht gut für mich.
Aber - so sehr ein Teil von mir das auch verachtenswert
findet - es funktioniert!
Ich verlasse die Toilette, nachdem ich mich beinahe
selbst im Spiegel nicht mehr erkannt hätte. Und das, obwohl Sasha mir nur die
Haare frisiert hat und mit etwas Kajal und Lippenstift einen Hauch mehr
Ausdruck in mein Gesicht gebracht hat.
Gut… Einen wichtigen Beitrag leistet der Umstand, dass
meine Bluse noch immer vier Knöpfe weit geöffnet ist. Nur einen Ansatz von BH
wird niemand mehr dort sehen, denn der steckt in meiner Handtasche. Zusammen
mit meinem Höschen.
Rouge trage ich nicht. Sasha lag ganz richtig, als sie sagte,
ich würde keinen brauchen. Allein der Gedanke, dass ich keine Unterwäsche
trage, lässt meine Wangen glühen.
Jetzt gerade verstehe ich vielleicht zum ersten Mal in
meinem Leben, was einige meiner wenigen Freundinnen meinen, wenn sie von ‚sich
weiblich fühlen‘ sprechen. Sie beziehen das zwar auf ihre Tage und die sind für
mich weiterhin einfach nur ein lästiger Gedanke, aber ich verstehe das Gefühl…
Ich gehe langsam und unsicher hinaus in die Masse der
Feiernden und fühle den seidigen Stoff meiner Bluse auf meinen Nippeln. Sie
sind aufgerichtet, seitdem ich den BH ausgezogen habe. Und keine Kostümjacke
verdeckt die Erhebungen, die sie verursachen.
Männer sehen mich an. Sie schauen kurz auf mein Gesicht
und dann lange - sehr, sehr lange - auf meine Brust. Und sie grinsen dabei
anzüglich.
In meinem Hinterkopf tobt eine Stimme und schreit etwas
von Sammelklagen wegen sexueller Belästigung. Aber da ist ein anderer Teil von
mir, der sich in der Aufmerksamkeit sonnt, als läge ich am Strand in der
Karibik und würde in der Sonne baden.
Kopf hoch, Brust raus und immer einen Fuß genau vor den
anderen setzen.
Einfache Anweisungen, die ich trotzdem nur mit Mühe
befolgen kann. Sasha ließ es einfach klingen, aber sie konnte mich nicht auf
das Ziehen vorbereiten, das meine Brüste irgendwie direkt mit meinem Unterleib
verbindet.
Als ich den ersten, leichten Luftzug dort unten spüre,
stolpere ich fast über meine eigenen Füße. Mein Rock ist trotz aller Bemühungen
noch immer fast knielang. Es ist praktisch unmöglich, dass Luftbewegungen
dorthin gelangen. Außer, wenn…
Gütiger Gott! Ich bin feucht!
Ich fühle, wie mir der Schweiß ausbricht. Die Disko ist
sowieso schon heiß. Und jetzt gerade bekomme ich akutes Fieber dazu. Aber
trotzdem fühlt es sich so verdammt gut an!
Ich ignoriere ganz betont all die Männer, die mich
anstarren. Auch wenn es immer mehr werden. So, als würden sie sich
untereinander darauf hinweisen, dass ich sie mit meinen Nippeln aufspießen
will.
Ich schenke ihnen keine Beachtung, aber ich nehme sie
dennoch wahr. Sehr genau sogar.
Bislang dachte ich immer, Männer würden einfach auf
Brüste starren und nichts weiter. Würden sie anglotzen, sie sich nackt
vorstellen und im Geiste dazu wichsen.
Manche - das ist unübersehbar - tun wohl auch genau das. Und
hier in der lockeren Atmosphäre greift sich der eine oder andere auch schon mal
in den Schritt und fummelt, als wolle er etwas dort in eine andere Position
bringen. Als… als… als würde etwas dort plötzlich mehr Platz benötigen.
Wow! Wie konnte mir in den zwölf Jahren seit meiner
ersten Periode denn zum Teufel entgehen, wie unglaublich erregend es sich
anfühlt, zu wissen, dass man für eine Erektion verantwortlich ist? Oder wusste
ich das mal? Vielleicht… Vor langer Zeit…
Aber noch aufregender als das, sind die anderen Männer.
Die nicht ganz so betrunkenen oder primitiven Exemplare dieser seltsamen
Gattung, die ihre Blicke über meinen Körper wandern lassen. Die immer wieder
auch in mein Gesicht sehen und versuchen, Blickkontakt mit mir herzustellen.
Sie… sie… rücken sich in Pose. Mein Gott! Ich hatte keine
Ahnung, dass Männer so etwas tun!
Die verändern ihre Haltung, nachdem sie auf mich
aufmerksam geworden sind. Ziehen den Bauch ein wenig ein, strecken die Brust
raus. Drehen sich etwas ins Profil oder nehmen eine betont lässige Haltung ein.
Sie sehen mich mit funkelnden Augen an oder schauen betont desinteressiert an
mir vorbei. Jeder hat eine andere Masche.
Voller Staunen bemerke ich, dass ich leicht lächele.
Nicht ohne einen Hauch von Spott. Aber auch voller Stolz. Mein Körper
entwickelt ein Eigenleben. Er scheint plötzlich ohne bewusste Steuerung von
meinem Hirn zu funktionieren. Und ehrlich gesagt ist das ein wenig
erleichternd, denn mein Hirn hat keinen blassen Schimmer, wie ich mich
verhalten sollte.
Sind das die Hormone? Oder der Instinkt? Hätte mir das
gestern jemand erzählt, hätte ich schallend gelacht.
‚Ich bin eine emanzipierte Frau‘, hätte ich voller
Überzeugung erklärt. ‚Ich überzeuge durch meine Intelligenz und meine
Fähigkeiten und lasse mich nicht auf meinen Körper reduzieren. Und wenn ein
Mann das nicht akzeptieren kann, ist das nur ein Zeichen seiner Primitivität.
Wir leben schließlich im einundzwanzigsten Jahrhundert und nicht in der
Steinzeit.‘
Jetzt gerade hat ein bislang fast noch nie gehörtes
Stimmchen in mir eine Antwort darauf: ‚Aber auch im einundzwanzigsten
Jahrhundert wollen die Menschen ficken. Und zwar so, wie sie
es auch schon in der Steinzeit getan haben.‘
Mit weichen Knien erreiche ich eine Bar und nutze die
Chance, auf einen Barhocker zu gleiten. Der Tresen gibt mir Halt und ganz
automatisch schlage ich ein Bein über. Und erstarre…
Meine Oberschenkel unter dem Rock glitschen aneinander
entlang. So als hätte ich eine ordentliche Portion Hautlotion darauf, die ich
nicht richtig eingerieben habe.
Ich weiß der Theorie nach, was das ist. Es gibt
schließlich nur wenige Möglichkeiten. Und meine Tage hatte ich letzte Woche.
Womit nur noch eine Option übrig bleibt.
Ich kann nicht widerstehen, ein ganz klein wenig die
Schenkel aneinander zu reiben. Ein Schauer läuft über meinen Rücken und ich
muss mir auf die Lippe beißen, um nicht laut auszuatmen.
Wow! So gut hat sich das noch nie angefühlt. Darauf
schwöre ich jeden Eid.
Ich meine… Ich habe mich nie für sonderlich prüde gehalten.
Ich hatte einige Partner und angenehmen Sex. Und ich habe einen Vibrator. Ich
bin eine moderne Frau.
Aber ich muss immer den… Motor vorwärmen. Und ich muss
das eine ganze Weile lang tun, bevor ich feucht genug für einen Eindringling
dort unten bin. Bei der Selbstbefriedigung verzichte ich sogar ganz auf diesen
eigentlich überflüssigen Teil und konzentriere mich auf meine Klitoris. Jedes
Kind weiß schließlich, dass dort die Lustgefühle der Frau entstehen.
Aber jetzt gerade… Jetzt, in diesem Moment, in dem ich
ohne Unterwäsche in einer Disko sitze und von einem Dutzend Männern angestarrt
werde, die mir alle die Klamotten vom Leib reißen wollen… In diese Sekunde, wo
ich mit schmerzhaft geschwollenen Brustwarzen und buchstäblich klitschnasser
Scham auf einem Barhocker sitze…
Gott! Was würde ich für meinen Vib
geben, damit ich ihn in mich hinein stecken könnte. In meiner Vorstellung würde
sich das gerade ganz großartig anfühlen.
„Was möchtest du trinken“, schreckt mich eine Stimme auf.
Ein Mann auf der anderen Seite des Tresens - der
Barkeeper - hat sich zu mir gebeugt. In seinen Augen steht der gleiche Glanz,
wie in den anderen Blicken, die auf mich gerichtet sind. Und eine Spur von
Überlegenheit. Weil…
Ja. Natürlich! Weil er einen Grund hat, mich anzusprechen.
Weil er das darf, ohne sich rechtfertigen zu müssen.
Wow! Für diese Erkenntnis haben mein Hirn und ein
gewisser, anderer Teil von mir - von dem ich eigentlich dachte, nur Männer
würden ihn auch zum Denken verwenden - ganz hervorragend zusammengearbeitet.
Ich hatte keine Ahnung, dass das möglich ist.
„Einen Mart…“, will ich unwillkürlich antworten. Es ist
schließlich mein übliches ‚Club-Getränk‘. Wein kann man in solchen Läden
praktisch niemals empfehlen.
Aber dann weiß ich plötzlich, dass dieses Getränk nicht
zu mir gehört. Nicht heute.
„Sex on the Beach“, verbessere ich
mich.
Und… ich betone wirklich das erste Wort. Ebenso, wie ich
es laut und deutlich ausspreche.
Der Barkeeper zeigt mir ein atemberaubendes Lächeln. Es
flammt richtiggehend in seinem Gesicht auf und das Glitzern in seinem Blick
gewinnt die Intensität von Fernlicht auf einer verlassenen Landstraße. Er leckt
sich sogar kurz über die Lippen.
„Kommt sofort“, raunt er voller Verheißung.
Ich greife nach der Getränkekarte und fange an, mir Luft
zuzufächeln, während er sich abwendet. Mir ist so unsagbar heiß, dass ich am
liebsten…
„Hast du vielleicht ein paar Eiswürfel?“, rufe ich ihm
nach.
Meine Gedanken überschlagen sich gerade. Weswegen ich
nicht richtig sortieren kann, warum mich meine Vernunft anstarrt, als wäre ich
nicht bei Trost.
Ich bekomme meine Eiswürfel in einem Whiskey-Glas und
schnappe mir sofort einen davon. Stirn, Schläfen und schließlich der Hals…
Ahhh…!
Die beißende Kälte tut mir so gut, dass ich sie mit
geschlossenen Augen genieße. Die schwül-warme Luft, die ich mir zufächele,
streift über das kalte Wasser auf meiner Haut und verursacht mir eine leichte
Gänsehaut. Ich fühle mich fast, als würde ich gleich abheben.
Ohne die Augen zu öffnen, greife ich mir noch einen der
wohltuenden Würfel. Eisige Rinnsale finden ihren Weg in meine Bluse. Über die
Schulterblätter und an der Wirbelsäule entlang. Und auf mein Dekolletee, wo sie
größtenteils den Weg zwischen meinen Brüsten hindurch nehmen. Aber nicht ausschließlich…
Das tut so gut!
Ich lasse einen dritten und vierten Eiswürfel auf meiner
Haut schmelzen. Und die unerträgliche Hitze lässt ein klein wenig nach. Auch
wenn mir meine armen Brustwarzen so langsam wirklich Sorgen bereiten, denn sie
schmerzen richtiggehend durch das Kontrastprogramm und meine Erregung. Und ein
anderer… Knubbel eifert ihnen so langsam nach.
Ich weigere mich, mir selbst einzugestehen, dass ich fast
schon ein wenig weggetreten bin. Solange ich die Augen geschlossen halte, sehe
ich niemanden um mich herum. Also fühle ich mich fast allein. Nur in
Gesellschaft meiner völlig ungewohnten Erregung und einiger liebenswerter
Eiswürfel.
Wie wäre es wohl, wenn ich… da unten…?
Statt diesem faszinierenden Gedanken in die Falle zu
tappen, stecke ich mir einen der Würfel zwischen die Lippen. Völlig abgehoben
bin ich dann doch noch nicht.
„Sie verursachen gleich eine Massenschlägerei“, raunt mir
eine tiefe Stimme in genau diesem Moment ins Ohr.
Erschrocken reiße ich die Augen auf. Angesprochen zu werden
hatte ich nicht erwartet.
Ein Mann steht neben mir. Und für einen Moment sehe ich
nur seine grauen Augen, die mich mit unglaublicher Intensität fixieren. Dann
kehre ich zurück in die Realität und finde eine Million Gründe, knallrot zu
werden.
Ich sitze auf einem Barhocker in einer Disko und trage
keine Unterwäsche. Mit Zähnen und Lippen halte ich einen Eiswürfel halb in
meinem Mund, während ich mir mit einer Getränkekarte Luft zufächele. Und mit
weitaufgerissenen Augen starre ich einen völlig fremden Mann an, als hätte er
mich beim Daumenlutschen erwischt.
Irgendwo schräg hinter ihm sehe ich an einer der Wände
eine Reihe von mehr oder minder vertrauten Gestalten stehen, die mich mehr oder
minder fassungslos anstarren.
Da sind meine Emanzipation, meine Würde, mein Stolz und
nicht zuletzt meine Vernunft, die sich alle die Haare raufen. Aber auch mein
Anstand sieht aus, als hätte man ihr einen Tintenfisch ins Gesicht geschlagen
und sogar meine Libido schüttelt den Kopf, auch wenn sie dabei amüsiert grinst.
Irgendwas entgeht mir doch gerade, oder?
Ich sehe den Mann an und mustere ihn argwöhnisch. Er
scheint Anfang dreißig zu sein und hebt sich positiv von den anderen Männern
ab. Ein Anzug - ziemlich sicher maßgeschneidert - obwohl er das Jackett nicht
trägt und das schwer zu sagen ist. Das kragenlose Hemd lässt ihn leger und
modern erscheinen. Die Breitling an seinem Handgelenk korrespondiert gut mit
dem Gesamteindruck.
Mein Misstrauen findet keinen Anhaltspunkt, was die
Kriterien angeht, die ich bei einem Gegenüber immer anlege. Die typischen
Kriterien der Geschäftsfrau. Er scheint kein Blender zu sein, sondern ein
erfolgreicher Geschäftsmann. Alles an seiner Haltung und seinem Outfit stimmt.
Deswegen gesellt sich das Misstrauen achselzuckend zu den anderen Gestalten aus
meiner Vorstellungskraft und lehnt sich entspannt zurück.
Aber… was ist dann das Problem?
Ein zweiter Blick auf ihn wird mir von meiner
Weiblichkeit diktiert. Sie ist irgendwie die einzige meiner inneren
Begleiterinnen, die sich dicht an meiner Seite befindet. Und sie scheint
gänzlich unbekümmert. Was ein gutes Zeichen ist… Oder?
Ich schaue noch einmal und registriere seine blitzenden
Augen, in die sich langsam ein amüsierter Ausdruck schleicht. Sein Gesicht ist
markant. Scharf gezeichnete Züge, aber keine typische Verschlagenheit. Er wirkt
offen. Sicherlich ein knallharter Verhandlungspartner, aber tendenziell fair.
Selten…
Seine Lippen sind voll und sinnlich. Woher auch immer
dieser Gedanke jetzt kommt, aber sie fühlen sich bestimmt ganz gut auf meinen
an. Ich würde das gerne näher erkunden.
Er trägt einen Drei-Tage-Bart. Typisch moderner
Geschäftsmann. Immer ein klein wenig gegen die alten Traditionen aufbegehren.
Aber diese Leute sind meist innovativer. Ich schätze das.
Er hat breite Schultern, aber das Hemd sitzt perfekt, wie
es sein sollte. Kein Grund zur Beanstandung. Allerdings… Seine Brust sieht
schon verschärft aus. Sehr interessant, wie sich unter dem Stoff einige Muskeln
bewegen. So habe ich das noch nie gesehen.
Huh… fächele etwas stärker und spiele mit der Zunge an
dem Eiswürfel, der langsam meine Lippen betäubt.
Seine Hände sind groß. Liebe Güte. Wirklich groß!
Sie müssen doppelt so groß sein, wie meine eigenen. Aber
er hat ganz bestimmt ein gutes Gefühl für einen angemessenen Handschlag. Meine
Brüste würden in diesen Pranken allerdings ziemlich untergehen. Die kämen auch
mit der doppelten Menge gut zurecht.
Moment… Was ist das jetzt für ein Gedanke? Als wollte
ich, dass er… Oh! Ja. Ich glaube, ich würde wirklich gerne… Ich mochte es
irgendwie, wenn Thomas - mein zweiter Freund - meine Brüste mit seinen großen
Händen umschlossen hat. Und heute… heute lechzen die beiden geradezu nach einer
Berührung. Ob ich ihn darum bitten sollte?
Meine Weiblichkeit nickt enthusiastisch und meine Libido
beugt sich mit leuchtenden Augen vor, aber die anderen an der Wand schlagen
sich kollektiv mit der Hand vor die Stirn.
Pff… Dann halt nicht.
Langsam bekomme ich das Gefühl, das mir dämmert, was
nicht in Ordnung ist.
Normalerweise brauche ich für ein Gesamtbild meines
Gegenübers eine Zehntelsekunde. Ein schneller, aufmerksamer Blick und ich habe
einen Eindruck, den ich in den restlichen neun Zehnteln der Zeit verarbeiten
kann. Aber in einer Sekunde schmelzen Eiswürfel zwischen den Lippen nicht zu
kleinen, flachen Ovalen. Also habe ich vielleicht einen Tick länger gebraucht.
Und dann ist da noch das, was mir meine Augen mitteilen,
als ich gerade abwärts dorthin blicke, wo seine Hose gewissermaßen einen sehr
ansprechend gefüllten Eindruck erweckt.
Ich schlucke und reiße unwillkürlich die Augen auf, als
ich die Seide über meinen Brüsten betrachte, die durch Schmelzwasser ihren
Aggregatzustand verändert hat. Fast muss ich kichern, als ich sie mir gasförmig
vorstelle, denn mehr Sichtschutz als ein dünner Rauchvorhang bietet sie nicht
mehr.
Oh - mein - Gott!
Ruckartig reiße ich den Kopf hoch und bin trotzdem
knallrot, bevor ich ihm wieder in die Augen sehen kann. Wie betrunken bin ich
bitteschön? Und wovon? Die zwei Martinis haben mich doch nicht umgehauen. Was
passiert da in meinem Körper?
Erst jetzt geht mir auf, dass ich auf einem Barhocker
mitten in einer Disko sitze und gerade meine Bluse mit Schmelzwasser
durchsichtig gemacht habe. Und zwar, während ich mit geschlossenen Augen
herumsaß und mir Luft zufächelte - und mit dem krönenden Abschluss einer
Lutschdarbietung an einem Eiswürfel.
Bin ich eigentlich völlig bescheuert?
Ein ganz kurzer Blick in die Runde offenbart mir, dass
Dutzende von Augenpaaren mich anstarren. Gierig und lüstern leuchten sie in der
verhältnismäßigen Finsternis. Als würden sie zu Raubtieren gehören.
Was sagte der Fremde? Massenschlägerei?
Ich sehe ihn an. Nun grinst er tatsächlich.
„Ich hoffe, Ihre Musterung hat keinen Grund zur
Beanstandung ergeben?“, fragt er eindeutig ein wenig spöttisch.
Der Moment der Wahrheit. Ich könnte jetzt vor Scham im
Boden versinken. Das wäre leicht. Fluchtartig das Lokal verlassen steht auch
weit oben auf der Liste der Optionen. So wie spontane Selbstentzündung. Aber in
einem Anfall von situationsbedingter Kooperationsbereitschaft stecken all meine
Persönlichkeitsaspekte mit Ausnahme der Emanzipation - die für die Zündung
einer Atombombe gleich hier und jetzt votiert - die Köpfe zusammen. Sogar ein
geistiges Abbild von Sasha gesellt sich hinzu.
Angriff ist die beste Verteidigung. Nach diesem Motto
habe ich immer gelebt. Und auch wenn ich mich in einer Ausnahmesituation
befinde, erscheint es irgendwie als Option. Und wird von Weiblichkeit und
Libido jubelnd unterstützt.
Irgendwie erscheint es fair, den beiden nach all den
Jahren der Vernachlässigung einmal auch gegen die Mehrheit zuzustimmen…
„Ich bin noch nicht sicher“, antworte ich -
zugegebenermaßen mit etwas Verzögerung - lässiger als ich es selbst für möglich
gehalten hätte. „Ich konnte nicht alles optimal erkennen.“
Er stutzt. Bei all dem Erröten und meiner rückblickend
betrachtet wohl ziemlich schlaftablettigen Reaktionsgeschwindigkeit hat er wohl
mit was anderem gerechnet.
„Ihr Sex on the Beach“, mischt sich der Barkeeper laut
genug ein, um zu offenbaren, dass er meine Aufmerksamkeit lieber bei sich
wüsste.
Ich muss nicht nachdenken, um ihn völlig zu ignorieren
und lediglich mit meiner Hand nach dem Glas zu greifen.
Nachdem ich meinen Entschluss erst einmal gefasst habe,
finde ich ein wenig Ruhe und Sicherheit in der jahrelangen
Verhandlungserfahrung. Ich bin zwar alles andere als in Topform, was meine
Business-Attitüde angeht, aber irgendwie scheint meine neuentdeckte
Weiblichkeit mit meinem Geschäftssinn eine ziemlich gute Symbiose einzugehen.
Solange ich nicht zu intensiv darüber nachdenke, was mein Körper da für
Haltungen einnimmt.
Recke ich wirklich gerade meinen
praktisch nackten Busen ein wenig vor?
Der Fremde schluckt sichtbar. Und ich fange an, ihn zu
durchschauen. Zumindest ein wenig.
Er hat wohl eine leichte Beute gewittert. Und sich darauf
gestürzt, bevor es eines der anderen Raubtiere tun konnte. Besser getroffen hat
Sashas neuerschaffene ‚kleine Büromaus‘ es mit ihm ohne jeden Zweifel. Außer
vielleicht in Herzensangelegenheiten…
Und jetzt zeigt die scheinbar völlig wehrlose Gazelle
plötzlich Säbelzähne. Ich muss kichern über dieses Bild in meinem Kopf. Aber
vor allem, weil meine Gazelle Brüste hat…
„Sex on the Beach, hm?“, meint er um Zeit zu schinden.
„Nein“, widerspreche ich. „Sex on the
Beach.“
Dann angele ich, ohne hinzusehen, mit dem Mund nach dem
Strohhalm und nehme einen Schluck. Etwas süß, aber gar nicht so schlecht.
Meine Augen fixieren aber weiterhin sein Gesicht. Von
unten herauf blicke ich ihn mit blanker Unschuldsmiene an.
Es ist gar nicht so schwer, wie ich feststelle. Ich habe
so lange darauf geachtet, all diese Dinge in Gegenwart von Männern zu
vermeiden. Und jetzt - mit zwei Martini und weiß Gott was für körpereigenen
Drogen intus - kehre ich das einfach um. Statt alle Anzeichen von Schwäche und
Weiblichkeit zu vermeiden, kehre ich sie heraus und vermeide jede Andeutung von
Stärke.
Und - es - wirkt!
„Cassy“, sage ich, um ihn aus der Verlegenheit zu
befreien, etwas Originelles erwidern zu müssen.
Er ergreift meine ausgestreckte Hand und will sie zum
Mund führen. Was mich normalerweise zur Weißglut gebracht hätte und jetzt ein
sachtes Ziehen in meiner… Muschi - Hah! Nix mit Vagina heute. Gerade ist es
eine Muschi! - zur Folge hat.
„Richard“, sagt er, während er sich zum Handkuss
anschickt.
„Vorsicht!“, hauche ich einfach heraus, was mir als
Erstes in den Kopf kommt. „Wenn Sie mich wirklich mit Ihren Lippen berühren,
will ich vielleicht sehr viel mehr davon.“
Er hält inne. Aber nur für einen Sekundenbruchteil. Dann
gibt er mir einen überdeutlichen Handkuss anstatt nur
hauchzart - wenn überhaupt - meine Haut zu berühren.
„Um ehrlich zu sein, hatte ich gehofft, dass du es so
sehen würdest“, murmele ich halblaut.
Ja. Ich führe mich auf wie eine billige Schlampe in einem
unglaublich letztklassigen Film. Ich handele, wie meinen Überzeugungen nach
niemals eine Frau handeln sollte. Und meine Würde gibt sich genau deswegen
gerade in einer dunklen Ecke den Strick, während meine Emanzipation bereits
nach erlittenem Schlaganfall am Boden liegt.
Aber ich fühle mich verdammt noch mal
großartig dabei! Ich fühle mich wie eine Frau. Eine fast
barbusige Frau mit stahlharten Nippeln und einer klatschnassen Muschi. Eine
Frau, die… es braucht!
Jetzt gerade in diesem Moment kann die Emanzipation von
mir aus nach Fukushima auswandern. Ich würde jubeln vor Freude, wenn er einfach
zupacken würde, wie der hinterletzte Neandertaler.
„Eine Frau wie du ist mir noch nicht begegnet“, sagt er
überraschend offen.
Ich registriere sein entwaffnendes Lächeln. Und dann muss
ich aus dem Augenwinkel zusehen, wie mein Stolz eine Tochter bekommt, bevor er
sich erschießt.
Zehntausende von Jahren der Evolution und harte
Jahrzehnte des Kampfes für die Gleichberechtigung. Und am Ende läuft es doch
wieder darauf hinaus, dass der Mann vor den Waffen der Frau kapituliert und
nicht vor etwas, worin sie sich mit ihm auf Augenhöhe messen können sollte. Ich
habe keinen Wettstreit der Intelligenz oder des Fachwissens gewonnen, sondern einen
Kampf der Geschlechter.
Und ich glaube, ich komme gleich…
„Mir auch nicht“, gebe ich auf eine Art zurück, die sich
kokett anfühlt. „Aber ich hoffe, du magst sie so gern, wie ich gerade…“
Das verwirrt ihn natürlich. Wie sollte er sich auch einen
Reim darauf machen können. Er weiß schließlich nicht, dass ich mich jetzt
gerade völlig neu entdecke.
Aber er ist souverän. Was ihn nur noch attraktiver macht.
„Ich kann mich kaum zurückhalten vor… Sympathie.“
Ich schaue ihn an und überlege noch ein letztes Mal, ob
ich wirklich bereit bin, die Konsequenzen zu tragen. Ob ich wirklich den
nächsten Schritt machen will. Nach… Was? Fünf Minuten, die ich ihn kenne. Und
auf so unendlich flache, billige und vor allem willige Art und Weise. Ob ich
wirklich noch eine Stufe tiefer sinken will, als ein Flittchen, das sich
wenigstens noch eine Weile aushalten -
gewissermaßen bezahlen - lässt.
Wie wird das rückblickend aussehen? Er kam, sah, sprach
drei Worte und sie klebte mit ihrem Mund an seinem Schwengel?
Oh… Uh! Ich glaube, das würde ich tatsächlich gerne mal
wieder ausprobieren. Jetzt gerade ist mir danach. Sehr!
Egal wie es rückblickend betrachtet aussehen mag - ich
habe mich entschieden.
„Dann tu’s nicht“, wispere ich.
Ich flüstere es mit halbgeschlossenen Augen und werfe ihm
einen Blick zu, für den ich das Wort nicht kenne. Ich hauche es mit leicht
geöffnetem Mund und befeuchte meine Lippen für die leisen Worte. Und ich lehne
mich zu ihm. Damit er keinesfalls missversteht, was ich meine.
In meinem Kopf spiele ich dabei natürlich durchaus die
frustrierenden Möglichkeiten durch, noch deutlicher werden zu müssen. ‚Was soll
ich nicht tun‘, könnte er fragen. ‚Dich zurückhalten sollst du nicht‘, könnte
ich dann schreien. ‚Aber ich bin kein Mann für eine Nacht‘, könnte er antworten.
Und ich würde dazu sagen: ‚Dann verpiss…‘
Weiter komme ich nicht, denn er ist plötzlich über mir.
Er drängt sich an mich, teilt meine Beine, legt seine starken Arme um meinen
kleinen Körper und zieht mich in einen Kuss.
W-o-w!
Für irgendwas zwischen einer und fünf Minuten denke ich
überhaupt nicht mehr. Ich fühle. Und zwar mit dem ganzen Körper.
Ich fühle seine Lippen, wie sie sich auf meine pressen.
Sein kurzer Bart kitzelt, kratzt, reibt. Rau und männlich. Mmh…
Seine Hände legen sich auf meinen unteren Rücken und in
meine Nacken. Sie packen mich und halten mich. Er könnte mich mit einer Hand
bis ans Ende der Welt tragen. So fühlt es sich an. Und es ist wundervoll. Ich
spüre die Kraft in seinen Fingern, die unwillkürlich ein wenig meine Haut
drücken. Weil er sich zurückhalten muss, mich nicht zu packen und vor lauter
Begierde zu zerquetschen.
Ohh… Zerquetsch mich, Richard!
Ich fühle seinen Körper an meinem. Seine Brust drängt
sich gegen meinen Busen. Meine Nippel bekommen endlich die langersehnten
Berührungen. Und ich sehe Lichtpunkte, als es passiert. Es ist fast schon zu
viel!
Nein. Quatsch! Mehr davon. Mehr, mehr, mehr!
Mehr von seinem muskulösen Oberkörper an meinem Busen.
Mehr von seinen starken Beinen zwischen meinen Schenkeln. Oh… Ich muss einfach
meine Beine um seine schlingen!
Und dadurch meinen Schoß gegen ihn pressen.
Oh Gott! Ich glaube, ich komme
wirklich gerade!
Und dabei habe ich gar keine Zeit dafür. Sein Kuss raubt
mir den Atem. Seine Zunge teilt meine Lippen. Nicht lockend oder sanft sondern
fordernd und erobernd. Ich habe ihm das Tor geöffnet und jetzt kommt der Barbar
zum Plündern, Brandschatzen und… Vergewaltigen.
Ich ergebe mich. Lasse ihn meine Zunge jagen, wie er es
will. Fließe in seine Arme. Leiste keinerlei Widerstand gegen nichts.
Ich bin eine Frau, er ist ein Mann. So einfach ist das.
Als ich meinen Kopf auf seiner Schulter wiederfinde und
nach Atem ringend meine Gedanken sortiere, fühle ich mich geborgen. Er hält
mich im Arm und schnauft selbst leise. Ich fühle, wie er atmet. Ich fühle
seinen Herzschlag. Und ich rieche sein Aftershave.
Old Spice. Ich wusste nicht, dass es überhaupt noch
produziert wird. Mein Vater hat es immer benutzt.
Ja… Ich fühle mich so wohl, wie sonst nur in den Armen
meines Vaters. Auch wenn das hier eine ganz andere Geschichte ist, ist es doch
ein unendlich schmerzlich vermisstes Gefühl. Seit seinem Tod hat meine Mutter
mir beigebracht, dass ich niemandes ‚kleines Mädchen‘ bin.
Aber Papas kleines Mädchen zu sein, war die glücklichste
Zeit meines Lebens.
Tränen treten mir in die Augen. Und gleichzeitig bin ich
glücklich.
„Definitiv der richtige Mann zur richtigen Zeit am
richtigen Ort“, flüstere ich fast unhörbar.
Aber sein Ohr ist direkt bei meinem Mund und der leichte
Druck seiner Arme zeigt mir, dass er verstanden hat.
„Ich will dich, Richard“, füge ich hinzu.
Er weiß das. Aber ich kann nicht mehr warten. Ich sterbe
sonst vor Verlangen.
Er drückt mich wieder. Nein. Er packt mich. Fest. Weil…
er mich auch will. Weil ich ihm den Verstand raube und er nur noch mit dem
denken kann, was ich an meinem Innenoberschenkel wachsen fühlte, bis es zu
einer harten Rute wurde.
Er… Ich… Wir wollen seinen harten Schwanz in meiner
Muschi.
S-o-f-o-r-t.
„Lass uns…“, keucht er hart.
„Ja!“
„Ich wohne…“
„Nein!“
„Mein Auto…“
„Nein!“
Ich mache es ihm vielleicht nicht einfach, aber es ist
keine böse Absicht. Ich bin nur einfach nicht mehr in der Lage, mehr als eine
Sekunde vorauszudenken.
Könnte ich jetzt gerade meiner Vernunft Aufmerksamkeit
schenken, würde ich sehen, wie ihr die Augen aus dem Kopf treten. Sie wird sich
nämlich bewusst, dass ich mich jetzt und hier - an Ort und Stelle, auf einem
Barhocker an einem Tresen in einer gutbesuchten Disko, nachdem ich die
Aufmerksamkeit von mehr als fünfzig Männern überdeutlich auf mich gelenkt habe
- von einem Wildfremden namens Richard nehmen lassen würde.
Nein warte, Cassandra. Sag das richtig. Das dauert nicht
länger als eine Sekunde.
Ficken lassen, würde ich mich.
„Die Empore?“, fragt er, nachdem er kurz fieberhaft
überlegt zu haben scheint.
Ich habe keine Ahnung, wie er das meint, aber es ist ein
Ort in Sichtweite. Jedenfalls, wenn ich die Augen öffnen und vielleicht damit
aufhören würde, an seinem Hals zu knabbern.
Wer hätte gedacht, dass Old Spice auch gut
schmeckt?
Ich sage nichts. Und Richard erweist sich als nicht
völlig hoffnungsloser Fall in Sachen Körpersprache. Oder vielleicht kennt er
sich nur einfach mit Flittchen aus…
Hmm… Das bin ich, nicht wahr? Ein Flittchen…
Als er Anstalten macht, sich zu lösen, ist es nicht meine
Vernunft, die mich dazu bringt, ihn freizugeben. Es ist auch nicht mein tot
herumliegender Stolz oder dessen kleine, noch gänzlich unausgewachsene Tochter,
die vielleicht eines Tages seinen Platz auf ganz andere Weise einnehmen wird.
Und am allerwenigsten ist es meine herumbaumelnde und röchelnde Würde. Von
meiner bereits ins Leichenschauhaus abtransportierten Emanzipation ganz zu
schweigen
Es ist meine Libido, die das Zepter in die Hand nimmt.
Wenn ich selbst gehe, sind wir schneller. Und ich kann mich noch einmal in den
Blicken sonnen, die auf mir ruhen. Oder vielleicht eher an mir zerren…
Ich fühle mich… sexy, als ich neben im hergehe, nachdem
ich verstanden habe, welche Richtung wir einschlagen. Mein neuer Stolz ist an
meiner Seite. Himmel werden die Kinder heute schnell erwachsen.
Ich trage den Kopf nicht einfach gerade, sondern richtig
erhoben. So wie ich gestern noch stolz auf meine Arbeit war, bin ich jetzt
stolz auf meine Weiblichkeit. Stolz, eine Frau zu sein, die gleich gefickt
werden wird.
Selbst meine Libido kann sich bei der Dämlichkeit - oh,
wie ich dieses Wort vorhin noch hasste - dieses Gedankens ein Kichern nicht
verkneifen. Aber das mindert die Vorfreude nicht im Geringsten.
Zielstrebig trete ich auf die Treppe, die nach oben zu
einer Empore führt, deren Existenz ich jetzt gerade zum ersten Mal richtig
wahrnehme. Richard lässt sich zurückfallen. Es herrscht zu viel Verkehr für
zwei Personen nebeneinander.
Aber das ist okay. Ich fühle seine Blicke auf meinem
Rücken und auf meinem Po, so wie ich die Blicke der kaleidoskopartig
vorbeiziehenden Gesichter von vorne auf meinen Brüsten fühle. Wie hauchzarte
Berührungen streifen sie mich und heizen mir immer weiter und weiter ein.
Nur halb bewusst besinne ich mich auf das, was Sasha
gesagt hat: Einen Fuß vor den anderen setzen. Ruhig ein
wenig übertreiben. Das lässt die Hüfte schwingen.
Und nicht nur die!
Oder ist das die Treppe?
Beinahe knicken mir die Beine weg, als ich etwas erlebe,
was mir noch niemals auf einer Treppe passiert ist. Vage ist mir, als hätte ich
dazu mal etwas gelesen. Aber alle nicht für Sex benötigten Teile meines Körpers
- das Erinnerungsvermögen mit eingeschlossen - sind gerade ziemlich
unterversorgt mit Blut.
Es ist auch egal, weil ich gar keine Zeit zum Nachdenken
habe. Ich muss entscheiden, ob ich die Augen aufreißen oder schließen soll,
während mich die Gier nach dem, was mich oben hoffentlich erwartet,
unerbittlich weitertreibt.
Die Frage, ob ich auf dem Barhocker einen Orgasmus hatte,
ist allerdings nachdrücklich beantwortet: Nein. Den habe ich nämlich gleich.
Hier auf der Treppe. Und er wird mich umhauen.
Jeder Schritt löst ein ziehendes Gefühl direkt an meiner
Klitoris aus, wenn die Beine sich leicht überkreuzen. Die Haut gleitet feucht.
Es ist keine Reibung im eigentlichen Sinn. Aber es reizt mich trotzdem eine
Million Mal besser, als ich es jemals mit meinen Händen hinbekommen habe.
Scheiße… Es ist sogar besser als die Spitze des
Vibrators.
Genau auf dem Scheitelpunkt jedes Schrittes erreicht das
Ziehen einen Höhepunkt und raubt mir die Kraft in den Beinen. Es lässt mir
schwindelig im Kopf werden. Und dann lässt es nach und ich bekomme genug Zeit,
den Fuß aufzusetzen, das andere Bein folgen zu lassen und gleich wieder keine
Luft mehr zu bekommen.
Noch zehn Stufen. Sie verschwimmen vor meinen Augen. Wie
soll ich das schaffen?
Neun - mein Herz rast.
Acht - das Blut rauscht in meinen Ohren.
Sieben - Nässe läuft an meinem Bein hinunter.
Sechs - ich sehe Lichtpunkte vor meinen Augen tanzen.
Fünf - !
Den Point of no Return, den ich gerade erlebe, denen
gegenüberzustellen, die ich in meinem Leben bisher hatte, wäre wie der
Vergleich zwischen Prada Sneakers und Badelatschen.
Mir kommt es gewaltig. Und ich werde möglicherweise
schreien. Ganz sicher werde ich mich nicht auf den Beinen halten können. Die
sind sowieso am Ende ihrer Kräfte.
Ich tue das Einzige, was auch nur den geringsten Sinn zu
ergeben scheint.
Richard ist überrascht, als ich auf dem Absatz
herumfahre. Mehr bekomme ich von seinem Gesichtsausdruck nicht mit, denn ich
falle ihm geradezu in die Arme und kann mich nur noch hilfesuchend an ihm
festklammern. Dann rauscht der Orient-Express mit angehängtem Güterzug über
mich hinweg.
Es fühlt sich an wie der Moment, nachdem man sich
verbrannt hat. Wenn der Schmerz für einen Sekundenbruchteil nachlässt und der
Kontrast zur Höllenpein davor einfach himmlisch ist. Mal fünf hoch zehn.
Ich höre nichts, ich sehe nichts und ich fühle nur
flüssiges Feuer von der unglaublich heißen, aber wundervollen Sorte, wie es
durch jede einzelne meiner Nervenbahnen schießt. Zeit, Raum und Gravitation
sind einfach nicht existent. Und ich habe keine Ahnung, wie lange das so ist.
Irgendwann höre ich wieder. Aus dem wasserfallartigen
Rauschen meines Bluts in meinen Ohren wird wieder das Gemurmel der Disko. Meine
Hände fühlen harte Muskeln, in die ich meine Krallen geschlagen habe. Sie
gehören zu starken Armen, die mich stützen und halten.
Ich rieche Old Spice und schmecke es auch. Was daran
liegen könnte, dass ich meine Zähne in einen Hals vergraben habe.
Ich schwebe noch ein wenig, als ich das ändere. Nein… Ich
schwebe wirklich! Richard hält mich an den Hüften und meine Füße berühren kaum
den Boden.
Wow!
Matt lege ich meinen Kopf auf seine Schulter und seufze.
Jetzt gerade bin ich wirklich rundum zufrieden.
„Wow“, sagte er leise.
„Ja…“, gebe ich zu. „Finde ich auch.“
Wie nach einem Regenschauer an einem Sommertag klären
sich meine Gedanken. Und damit kommen reihenweise Peinlichkeiten zum Vorschein,
die ich ihm am liebsten alle erklären würde. Habe ich mich wirklich so
verhalten?
Was denkt er jetzt von mir? Kann er mich für etwas
anderes, als ein billiges Flittchen halten? Sollte ich einfach so schnell wie
möglich das Weite suchen?
Ich würde, wenn ich dazu nicht meinen Kopf heben und das
Risiko eingehen müsste, ihm ins Gesicht zu sehen. Dafür schäme ich mich zu
sehr. Außerdem ist es sehr schön hier…
Meine Weiblichkeit und meine Libido haben sich eingerollt
und schwelgen im Nachglühen. Sie schlummern sanft. Meine Vernunft ergreift die
Gelegenheit beim Schopf und entreißt ihnen das Zepter der Kontrolle.
Sie ist verschnupft. Aber einen Orgasmus vom
Treppensteigen kann sie verkraften. Sehr viel besser als Sex mit einem Fremden
in einer womöglich nicht einmal dunklen Ecke einer Disko. Die Sache mit der
Treppe ist logisch erklärbar. Ich erinnere mich wieder an den Artikel in einer
feministischen Zeitschrift, die ich abonniert habe.
Alles noch irgendwie im grünen Bereich. Sofern ich jetzt
noch sauber aus der Nummer - also aus dieser Umarmung - rauskomme, könnte meine
Würde eventuell reanimiert werden.
„Ich weiß nicht, ob ich mit einer Treppe konkurrieren
kann“, flüstert der Mann, in dessen Armen ich liege. „Aber ich gebe dir mein
Wort, dass ich alles daransetzen werde.“
Zwei friedlich schlummernde Gesichter in meinem Kopf
öffnen schlagartig die Augen und sind wieder wach. Sie tun es mir nach, denn
ich reiße meine Augen auch auf. Und meine Vernunft schließt sie, lässt das
Zepter fallen und rammt ihren Kopf gegen die nächste Wand.
Ich war rundum befriedigt. Oder jedenfalls dachte ich
das. Mein Körper war wie betäubt von dem, was ich gerade erlebt hatte. Und mit
zwei kurzen Sätzen, in denen auch noch ein gewisser Sinn für Humor mitschwingt,
weckt dieser Mann alle meine Nervenbahnen gleichzeitig wieder auf.
Der alles verschleiernde Nebel kehrt zwar nicht mit aller
Macht in meinen Kopf zurück, aber die Lust ist wieder hellwach und womöglich
noch stärker als zuvor.
Ich. Will. Diesen. Mann. Ficken.
„Bring mich, wohin du möchtest“, keuche ich in sein Ohr.
„Und mach mit mir, was - du - willst.“
Die letzten drei Worte atme ich immer leiser, aber
dichter, in sein Ohr. Und mit jedem davon wird sein Griff an meinen Hüften
härter. Bis es beinahe wehtut.
Wieder habe ich ausgesprochen, was ich denke. Und wieder
habe ich gar keine Erwartungen an seine Reaktion, weil ich so weit nicht
gedacht habe. Aber was er tut, hätte ich mir auch mit drei Tagen Bedenkzeit
nicht vorstellen können.
Gekonnt, als würde er das jeden Tag ein paar Mal machen,
wischt er mich von den Beinen und nimmt mich auf seine Arme. Ganz klassisch.
Wie als wolle er mich über die Schwelle der Hochzeits-Suite tragen.
Er schert sich nicht darum, dass meine Füße einen
vorbeilaufenden Mann fast im Gesicht treffen. Und er schert sich nicht um mein
Quietschen. Während ich mich frage, warum es so übermütig und vergnügt klingt
und woher das Grinsen stammt, das meine Lippen teilt.
Dann blicke ich in sein Gesicht und weiß es. Sein Ausdruck
müsste neben der Erklärung für den Begriff Entschlossenheit im Lexikon
abgebildet werden.
Ich kann die Augen nicht losreißen von diesem Gesicht.
Schwarze Haare, graue Augen, winzige Lach-Fältchen in den Augenwinkeln. Seine
Lippen sind geschlossen und sein Kinn wirkt, als wäre es aus Granit. Nichts
wird ihn aufhalten, mich zu entführen.
Und mir ist ehrlich gesagt herzlich egal, ob unser Ziel
ein Schloss oder eine Räuberhöhle ist. Hauptsache es gibt ein Bett. Oder
wenigstens ein Fell auf dem Boden.
Ich Jane, er Tarzan. Und was für einer!
Ich lege meine Arme um seinen Hals und starre ihn an. Ich
fürchte, ich himmele ihn sogar an. Er ist nämlich wirklich verdammt
gutaussehend und vor allem ist er genau der Mann, den ich niemals wollte.
Als Geschäftspartner würde ich ihn mit Handkuss - ich
muss kichern und er blickt mich kurz voller Begierde und Zuneigung an - nehmen.
Ich würde ihm klarmachen, dass es nie zwischen uns passieren
würde. Und er würde es trotzdem immer wieder versuchen, weil er an den Mythos
seiner eigenen Unwiderstehlichkeit glaubt.
Ich würde mir niemals eingestehen, dass er der Mann aus
meinen neuen Masturbationsfantasien ist, über die ich nicht einmal mit mir
selbst spreche, weil sie völlig abartig sind. Und alles würde seinen Gang
gehen.
Aber ich bin heute nicht Cassandra, Tochter einer
erfolgreichen Frauenrechtlerin und eines verstorbenen amerikanischen Soldaten
und Leiterin der Sales-Abteilung der deutschen Zentrale eines internationalen
Konzerns.
Ich bin Cassy. Büromaus und Flittchen. Und ich verzehre
mich nach einem Kerl wie diesem. Er lässt meine Muschi überlaufen. Meine Nippel
stehen wie zwei Bleistift-Radierer. Der Gedanke an ihn lässt mich beim
Treppensteigen zum Orgasmus kommen.
Als ich stöhne, weil ich einfach nicht anders kann,
huscht ein kurzes Lächeln über seine Miene.
Ja. Er ist es gewöhnt, dass Frauen ihn so anhimmeln. Er
wickelt sie mit seinem Charme um den Finger, legt sie flach - Wie oft wohl?
Einmal? Zweimal? Oder gar… mehr als das? Ich beiße mir auf die Lippe und hoffe
auf Letzteres. Viel mehr!
Für ihn sind Frauen nicht ebenbürtig. Sie sind
Lustobjekte, die er mit seiner Erfahrung manipuliert. Er begegnet ihnen nicht
auf Augenhöhe, sondern sieht insgeheim auf sie hinab. Wohlwollend, sicherlich.
So wie ein erfolgreicher Züchter auf sein bestes Pferd blickt. Aber eben nicht
auf Augenhöhe.
Wie kommt es bloß, dass jeder einzelne dieser Gedanken
mich nur feuchter und heißer macht, anstatt mich zutiefst abzustoßen?
Wie auf dieses Stichwort steht plötzlich Sasha da und verstellt
ihm den Weg. Für mich kam sie aus dem Nichts, aber ich war auch abgelenkt.
„Eine Sekunde, Mr. Magnificent“, fordert sie.
Richard bleibt stehen und runzelt die Stirn. Dann zieht
er eine Augenbraue hoch und beobachtet, wie sich die dunkle Schönheit zu mir
beugt und mir etwas ins Ohr flüstert. Er ist amüsiert, aber auch ein wenig
irritiert.
„Die große, weiße Jägerin schnappt sich den schönsten
Löwen“, wispert sie nur für mich hörbar. „Genieß deine Beute!“
Nun bin ich dran, die Stirn zu runzeln. Ihre Perspektive
will sich so gar nicht mit meiner decken.
Sasha tritt zurück. Dann beißt sie sich mit funkelnden
Augen auf die Unterlippe, zögert eine Sekunde und nähert sich noch einmal. Und
ich bin nicht einen Deut weniger erstaunt als Richard, als sie mich heiß und
leidenschaftlich küsst.
Ich bin nur fast schon enttäuscht, dass es nach einem
Herzschlag schon wieder endet.
Sasha verschwindet und niemand spricht ein Wort über das,
was geschehen ist. Ich bin verwirrt. Und Richard scheint es nun noch eiliger zu
haben. Er zahlt mit einem hingeworfenen Hunderter und stoppt nicht an der
Garderobe. Aber so wie ihm wohl sein Jackett gerade nicht wichtig ist, könnte
mir mein Mantel nicht gleichgültiger sein.
Ich würde ihm die Sporen geben, aber ich liege in seinen
Armen und bin ihm völlig ausgeliefert. Und ich genieße es in vollen Zügen.
Es gibt nur einen Sinneseindruck, den ich wahrnehme, bis
seine Hotelzimmertür hinter ihm ins Schloss fällt. Ich sehe nur sein Gesicht.
Ich starre es an. Ich nehme nichts weiter wahr. Nicht einmal, wie viel Zeit
vergeht.
Er trägt mich, wenn wir nicht im Auto sitzen. Und
sicherlich müssen wir Menschen begegnet sein. Spätestens im Hotel. Aber ich
erinnere mich nicht. Ich sehe nur den gehetzten Ausdruck in seinen Augen. Die
Vorfreude in Kombination mit Ungeduld.
Bis er an seinem Bett steht und schließlich nicht genau
zu wissen scheint, was er tun soll.
Sachte stellt er mich ab. Aber er weicht nicht zurück,
obwohl ich zwischen Bett und ihm kaum Platz zum Stehen finde. Er sieht zu mir
hinunter und ich zu ihm hinauf. Und es fühlt sich an, als würde sich die Luft
für einen gewaltigen Blitz aufladen.
Wie in Trance halte ich seinen Blick fest und schlüpfe
aus meinen Schuhen. Dann versuche ich, rückwärts auf das Bett zu steigen. Aber
das klappt erst, als er mir hilft und mich mit seinen starken Armen hinaufhebt.
Stehe ich jetzt über ihm? Nichts könnte mir
gleichgültiger sein. Nur der Umstand, dass sein Gesicht auf Höhe meiner Brüste
ist, hat eine Bedeutung.
Ich finde seine momentane Zurückhaltung ein wenig süß.
Aber ich finde sie auch mächtig störend. Ich will jetzt keine Zurückhaltung.
Langsam lege ich meine Finger an die Knopfleiste seines
Hemdes. Ohne eine Expertin zu sein, schätze ich es auf ungefähr
zweihundertfünfzig Euro. Davon ausgehend, dass Männerhemden meist ein wenig
günstiger sind als Frauenblusen, wenn man sich in der gleichen Qualitätsklasse
bewegt.
Ein Jammer, aber… egal!
Ich schiebe meine Fingerspitzen zwischen die Knöpfe und
fühle seinen Oberkörper darunter. Haut, Muskeln, Hitze. Wie soll ich mir da
nicht vorfreudig auf die Lippe beißen?
Als ich langsam die Finger krümme und ein wenig verträumt
zu ihm hinaufsehe, ohne mich so ganz vom wunderbaren Gefühl ablenken zu lassen,
seine Haut zu streicheln, zieht er eine Augenbraue hoch. Irgendwie scheint er
es zu ahnen, aber dennoch zuckt er zusammen, als ich es aufreiße. Und ich
ebenso, denn ein wenig hatte ich gezweifelt, ob meine Kraft den Knöpfen
gewachsen sein würde.
Der Vorhang teilt sich und ich sehe seine nackte Brust.
Gierig trinke ich den Anblick. Leicht gebräunt, haarlos, makellos und perfekt
definiert. Wie eine griechische Statue.
Ich will ihn anfassen. Und ihn schmecken. Aber ich kann
einfach nichts weiter tun, als ihn bewundernd anzustarren. Dieser Mann ist
verdammt noch mal schön!
Und glücklicherweise nicht ganz auf den Kopf gefallen…
Noch bevor ich aus dem Menü all der Möglichkeiten, die
mir seine nackte Brust bietet, auswählen kann, wird er schließlich aktiv. Seine
großen Hände packen die Aufschläge meiner Bluse und mit einem Ruck, der mich
zum Keuchen bringt, öffnet er sie ebenfalls.
Meine Augenlider flattern, als ich seine Blicke auf
meiner Haut spüre. Ich wimmere. Und ich kapituliere vor ihm, indem ich die Arme
zur Seite fallen lasse. Was außerdem dabei hilft, die Bluse von meinen
Schultern gleiten zu lassen.
Richard saugt scharf die Luft ein. Aus halbgeschlossenen
Augen sehe ich, wie er auf meine Brüste starrt. Wie er den Anblick in sich
aufnimmt. Wie er sich daran berauscht. Was auch immer er für einen Busen am
liebsten mag - dieser ist offenbar absolut gut genug, um ihm Appetit zu machen.
Ohne lange suchen zu müssen, findet er die Knöpfe, mit
denen mein Kostümrock geschlossen wird. Ein Ruck, der mich kurz zur Seite
zieht, und er ist offen. Wie von selbst gleitet er daraufhin über meine Hüften
hinab.
Sein Stöhnen, als er entdeckt, dass ich nichts darunter
trage, lässt mich grinsen. Es ist ein gequälter Laut der frustrierten
Begeisterung. Das hätte er offenbar gerne schon früher erfahren.
Und es gibt ihm den allerletzten Anstoß, den er noch
braucht.
Ich hätte ihn anspringen und in Besitz nehmen können.
Irgendwie weiß ich das. Und ich habe mich bewusst dagegen entschieden.
Stattdessen habe ich diesen Mann dazu aufgefordert, genau das bei mir zu tun.
Und nun tut er es.
In der Vorwärtsbewegung legt er einen Arm um meinen
Rücken und hält mich. Nicht, damit ich nicht umfalle. Das tue ich so oder so,
als er mich nach hinten drängt. Nur, damit er mich küssen kann und ich ihm
nicht entgleite.
Hart und fordernd presst sich sein Mund auf meine Lippen
und wieder erobert er mich im Sturm. Aber diesmal fühle ich auch seine nackte
Haut auf meiner.
Meine Nippel kreischen vor Freude, als sie endlich direkt
berührt werden. Und meine Muschi kreischt gleich mit, auch wenn sie noch nicht
an der Reihe ist.
Ich selbst kann nur stöhnen, denn ich habe einen wilden
und leidenschaftlichen Knebel, der mir den Atem raubt.
Richard trägt mich mehr nach hinten, als er mich schiebt.
Aber das ist mir gleich. Ich warte nur darauf, dass seine Hand frei wird, um
mir den Rock von den Knien zu zerren, damit ich meine Beine um seinen Körper
schlingen kann.
Hektisch suche ich nach seinem Hosenbund, öffne unter
viel Gefummel den Gürtel und zerre am Knopf, bis er irgendwie dem Drängen
nachgibt. Mit Händen und Füßen schiebe ich dann seine Hose und Unterhose
zugleich hinunter und vergesse alles andere, als ich seinen Schwanz gegen meine
Muschi klatschen fühle.
Das ist es!
Kondome, Verhütung, Geschlechtskrankheiten… All das ist
mir unvernünftigerweise vollends egal, als ich ihn da habe, wo ich ihn haben
will. Ich muss ihm meinen Mund entziehen. Muss meinen Rücken durchdrücken, mich
an ihn pressen und mit der Hüfte kreisen, um ihn irgendwie näher an meinen
Eingang zu manövrieren.
Er knirscht mit den Zähnen. Vielleicht denkt
er an Kondome. Aber ich gebe ihm keine Chance, diesem
Gedanken Ausdruck zu verleihen.
„Fick mich!“, winsele ich so verzweifelt und flehend,
dass ich selbst überrascht bin. „Spieß mich auf. Bitte! Mach schon!“
Er rutscht ein Stück hinunter und mein Kreisen erledigt
den Rest. Bereiter als jetzt war ich niemals. Daher schiebt sich etwas
Gigantisches ohne irgendeinen Widerstand in mich hinein.
Monate ohne Sex und dann kommt ein Mann daher, der nicht
eben klein gebaut ist. Ohne meine maßlose Geilheit gäbe es vielleicht ein
Problem. Aber so ist es einfach nur höllisch gut.
Ich habe dieses seltsame Gefühl, wenn etwas Stumpfes sich
in meinen Körper schiebt und sich Platz verschafft, wo eigentlich nicht so
richtig welcher ist, nie vermisst. Aber jetzt frage ich mich, wie ich ohne es
leben konnte.
Es ist kein notwendiges Übel. Dieses Ding gehört da rein,
verflucht. Ich fühle es bis in die Haarspitzen.
Es drückt und schiebt und reibt so unglaublich. Und daran
hängt ein Mann, der mich in seinem Arme schließt und mich fest packt. Fester,
als ich es mir je zuvor hätte gefallen lassen.
Ich ringe nach Luft und bekomme trotzdem nicht genug.
Sein eindringender Penis - Schwanz! - raubt mir den Atem. Ebenso wie sein
schmerzhaft harter Griff an meiner Hüfte.
Mein Mund öffnet sich und ich wimmere. Immer lauter und
lauter, bis ich fast schreie. Und dann ist er in mir. Ganz. Bis zum Anschlag.
Heilige Scheiße!
Ich habe nie zuvor den Moment der Klarheit erfahren, den
ich gerade erlebe. Meine Augen gehen auf und ich betrachte sein angespanntes
Gesicht. Seine Kiefer malen. Schweiß steht auf seiner Stirn. Seine Augen sind
geschlossen. Seine Muskeln und Sehnen treten hervor. Adern pulsieren deutlich
unter der Haut.
Ein Schwanz steckt in meiner Muschi und ich fühle, wie er
ganz tief darin etwas berührt. Etwas, was ein köstliches Ziehen hervorruft.
Aber ebenso köstlich ist das Wissen, dass er ganz in mir steckt.
Ich bin erregt bis in die Fußnägel. Einige Stellen meines
Körpers lechzen so sehr nach Berührung, dass ich vielleicht bei einem
zufälligen Streifen schon kommen könnte. Ich bin so außer mir vor Geilheit,
dass ich meinen Namen nicht mehr weiß. Aber ich bin völlig klar und wie
losgelöst, als ich ihn ansehe. Und ich weiß plötzlich ganz genau, was ich will.
„Benutz mich, Richard“, stöhne ich. „Denk nicht an mich.
Fick mich, bis du kommst.
Fick mich ohne Rücksicht.“
Es gibt Männer, die das auch ohne Aufforderung einfach
tun würden. Aber dieser Typ gehört nicht dazu.
Ich habe ihn völlig falsch eingeschätzt. Er wird sich
nicht gehen lassen, wenn ich ihn nicht dazu zwinge. Aber ich habe eine Waffe,
gegen die er machtlos ist. Und er steckt schon bis zum Anschlag darin.
Er grunzt und reißt die Augen auf. Gier und Vernunft
kämpfen darin miteinander. Und ich schlage mich auf die Seite der Gier.
„Fick mich hart!“, schreie ich ihn heiser an. „Bitte!
Bittebittebitte… Fick mich endlich! Wie das kleine
Flittchen, das ich bin!“
Ich heule vor aufgestauter Geilheit. Und ich gewinne
schließlich gegen seinen Anstand. Der wird sich hoffentlich auch irgendwo
erhängen gehen.
Der kultivierte, selbstsichere Mann in Richard bricht
zusammen und etwas anderes übernimmt die Kontrolle. Etwas, das in jedem
erfolgreichen Geschäftsmann irgendwo steckt. Etwas Dunkles, Brutales und
Hartes. Ein Raubtier. Ein Monster.
Er packt meinen Hals und ich könnte schreien vor Freude -
wenn ich noch in der Lage wäre, einen Mucks von mir zu geben.
Völlig rücksichtlos stützt er sich auf mir ab und zieht
sich zurück. Er holt Schwung, sein Schwanz verlässt mich fast ganz. Und dann
stößt er zu. In einer einzigen, schnellen, harten Bewegung rammt er seinen
Prügel in mich hinein, bis sein Becken gegen meines knallt und ich Sterne sehe.
Mein Schrei schafft es nicht aus meinem Hals. Aber ich kann
immerhin meine Beine und Arme benutzen, um ihn noch fester an mich zu reißen.
Gott - im - Himmel!
Als er mit der anderen Hand eine meiner Brüste packt,
verliere ich den Boden unter den Füßen. Er packt einfach nur zu und quetscht
sie hart. Schmerzhaft. So wie der Moment, wenn er ganz in mir ist und etwas in
mir mit der Gewalt einer Dampframme trifft.
Ich will schreien vor Schmerz und gleichzeitig jubeln vor
Freude. Ich verstehe es nicht, aber es ist wunderbar.
Richard fickt mich gewaltsam. Und ich stehe unmittelbar
davor, zu kommen. Aber es ist als würde seine Hand an meinem Hals mir nicht nur
die Luft zum Atmen nehmen, sondern mich auch genau vor dem Point of no Return
halten. Und zwar für immer und ewig.
Meine Welt besteht nur noch aus Schmerz und Lust, die
ineinander übergehen. Ich habe mich noch nie so begehrt und weiblich gefühlt.
Ich habe ihm die Selbstkontrolle genommen.
Ich bin diejenige, wegen der er soweit die Kontrolle
verliert, dass er jemanden - mich - vielleicht erwürgen wird.
Er stöhnt, keucht, schreit schließlich sogar. Sein
Schwanz bewegt sich schneller ein und aus, als ich überhaupt wahrnehmen kann.
Oder meine Wahrnehmung verlangsamt sich. Die Dinge verschwimmen jedenfalls vor
meinen Augen und die Lust, die sich weiter und weiter aufstaut, ohne sich
entladen zu können, macht mich gerade wahnsinnig. Buchstäblich.
Nach einer Ewigkeit voller Empfindungen, die ich nicht
kannte, schreit er plötzlich ganz laut und versenkt sich tief in mir. Und dann
zuckt sein Schwanz. Er kommt!
Das ist mein letzter, bewusster Gedanke, denn in diesem
Moment nimmt er die Hand von meinem Hals und mit dem ersten Atemzug komme auch
ich. Und vielleicht sterbe ich auch dabei. Aber wenn, dann war es das wert!
Alles, was sich aufgestaut hat, bricht über mich herein,
als wäre ein Staudamm geöffnet worden. Schreien und Atmen erweisen sich als
inkompatibel, als tue ich mehr Ersteres als Letzeres, weil es einfach wichtiger
ist. Und ansonsten verliere ich völlig die Kontrolle über meinen Körper, als
jede einzelne Nervenbahn beschließt, nur noch Stromschläge in mein Gehirn zu
schicken.
Ich glaube kaum, dass ich es von außen betrachtet - oder
auch nur einer Beschreibung nach - als den großartigsten Orgasmus meines Lebens
identifiziert hätte. Aber genau das ist es. Und es knipst mir komplett die
Lichter aus, lange bevor ich damit fertig bin, es zur Gänze zu genießen.
Als ich wieder da bin, ist es so plötzlich, wie das
Wegbrechen. Nicht wie Aufwachen, sondern eher wie der Moment, wenn das Wasser
im Ohr nach dem Schwimmen plötzlich abfließt.
Ich liege halb auf der Seite und halb auf einem warmen
Körper. Richard. Und er hat einen Arm um mich gelegt und spricht. Aber nicht
mit mir, wie ich gleich darauf feststelle.
„Ja“, sagt er irgendwie entschuldigend. „Tut mir leid,
aber ich konnte nicht bleiben. Mir ist etwas wirklich… Wichtiges dazwischen
gekommen.“
Er telefoniert. Also kann ich mir die Zeit nehmen, erst
einmal gründlich über meine Situation nachzudenken. Gleich, nachdem ich meinen
Zustand überprüft habe.
Ganz vorsichtige Muskelanspannungen zeigen mir, dass ich
noch alle Gliedmaßen habe. Und einige Muskeln, von deren Existenz ich nichts
geahnt habe. Mein Körper ist soweit intakt. Und er kündigt mir schmollend an,
dass er mir morgen höllisch wehtun wird.
Eine tiefere Sondierung macht mir bewusst, dass mir
Sperma aus der Vagina läuft.
Warum gefällt mir das jetzt nicht?
Ah… Ja. Mir läuft Sperma aus der Muschi. Das klingt viel
besser.
Und irgendwie ist es auch nicht ekelig. Ich habe nicht
den Hauch des Drangs, auf die Toilette zu gehen und mich zu säubern. Ich finde
es im Gegenteil irgendwie ein wenig scharf, dass es passiert. Es beweist
schließlich, dass ich nicht geträumt habe.
Was mich zur nächsten Sondierungsebene bringt…
Im Geiste berufe ich eine Vollversammlung ein und
bestelle alle in mein Büro. Die Vernunft erscheint zuerst. Wie immer. Aber sie
würdigt mich keines Blickes. Danach überraschen mich Weiblichkeit und Libido
Hand in Hand. Sie sind vergnügt und trällern alberne Liedchen, während sie sich
ganz dreist auf meinen Schreibtisch setzen.
Auf dem Platz der Würde steht ein kleiner Grabstein. Für
die Emanzipation wäre nicht einmal mehr ein Stuhl vorhanden. Und da, wo sonst
der Stolz sitzt, finde ich eine… wunderschöne, junge Frau vor. So habe ich mich
nun wirklich noch nie selbst betrachtet. Holla…
Die meisten anderen sind unverändert und generell
ziemlich desinteressiert. Eine namhafte Ausnahme stellt allerdings die Neugier
dar, die mit den beiden Schreibtischbesetzerinnen tuschelt. Was mir milde
Sorgen bereitet.
Als Fazit lässt sich also ziehen, dass meine Emanzipation
gekündigt hat, ich meine Würde wohl los bin und mein Stolz eine ziemlich
offensichtliche Veränderung durchzumachen wünscht. Die zwei nackten Grazien,
die unmittelbar mitverantwortlich für meine gegenwärtige Situation sind, werden
sich kaum wieder völlig zum Schweigen bringen lassen. Und meine Vernunft redet
nicht mehr mit mir.
Sonst noch was?
Ah… Ja. Die Neugier. Sie ist also auf der Seite der
Libido und wird dazu beitragen, mich in Schwierigkeiten zu bringen. Mein Leben
ist demnach im Arsch.
Böse starre ich jeden Versuch der Libido nieder, auf die
letzten beiden Worte etwas zu erwidern. Und auch die Neugier bringe ich mit
einer knappen Geste zum Schweigen. Ich muss nachdenken.
Und wie es nicht anders sein kann, wenn man mal einen
Augenblick Ruhe braucht, klopft es an der Tür. Also knurre ich ein unwilliges
Herein und… staune Bauklötze.
Meine geistigen Betriebsversammlungen finden seit jeher
in den Räumlichkeiten der Ratio statt. Sicherlich wohnen solche
Vorstandsmitglieder wie Stolz oder auch Libido eher auf der anderen Seite des
Hirns, aber die Firmenzentrale steht hier. Basta.
Oder auch nicht basta, denn die Umzugshelfer, die ohne
mich eines weiteren Blickes zu würdigen anfangen, mein Büro auszuräumen, tragen
auf ihren Rücken den Schriftzug Emotio. Womit in etwa klar sein dürfte, was ich
mir selbst mit meinen völlig bescheuerten Metaphern zu sagen versuche.
Und ich muss mich ernstlich fragen: Hab ich sie noch
alle?
Die Antwort kommt von außen. Von Richard. Und sie ist
nicht einmal an mich adressiert.
„Du bist eine echte Nervensäge, Tim“, sagt er deutlich
leiser als zuvor. Fast schon verschwörerisch. Was mich natürlich aufmerksam
macht.
Vorher habe ich weggehört. Es ging zumindest teilweise um
Geschäfte und teilweise um Privatkram. Ohne Stoppwörter wie ‚Ehefrau‘,
‚Freundin‘ oder ‚Haftbefehl‘. Also ging es mich nichts an. Und das respektiere
ich. Aber jetzt…?
„Also gut“, raunt er. „Der Grund ist
eine Frau und du musst gar nicht erst nachfragen: Sie schläft hier direkt neben
mir.“
…
„Du hast keine Ahnung wie scharf, Kumpel“, beantwortet er
leise lachend eine Frage. „Als ich sie sah, dachte ich an eine solide Acht.
Dann kommen ein paar Eiswürfel ins Spiel und sie kletterte auf eine starke Neun.
Und mit zwei oder drei Sätzen auf eine satte Zehn.“
…
„Moment. Ich bin noch nicht fertig. Sex in der Disko
haben zu wollen, auf der Treppe nach oben in meinen Armen zu kommen und mich
dann auf der Fahrt ins Hotel mit den Augen aufzufressen, ohne ein Wort zu
sagen, geben jeweils einen Bonuspunkt. Und für das, was sie danach getan hat,
bekommt sie weitere zehn. Wenn das mal reicht.“
…
„Was? Die Skala ist nach oben offen. Und du hättest ihr
nicht weniger Punkte gegeben.“
…
„Du hättest ihr nicht weniger gegeben,
Alter. Und ich muss selbst überlegen, ob die zehn Bonuspunkte nicht das
absolute Minimum sind.“
…
„Nur über meine Leiche. Das werde ich nicht einmal am
Sterbebett dem Beichtvater sagen.“
…
„Keine Chance, Mann. Ich fühle mich schon schlecht, weil
ich das mit der Treppe erwähnt habe. Sie ist… ne echte Lady, weißt du? Obwohl
ich zuerst auf Tippse aus gutem Haus getippt habe.“
…
Auf die nächste Frage hin räuspert er sich nur. Es klingt
ein wenig peinlich berührt. Und die unverständliche Stimme am anderen Ende wird
ein wenig lauter.
…
„Ich kam einfach nicht dazu, auch nur an Kondome zu
denken, Mann.“
…
„Dann ist das eben lebensmüde. Aber das war es wert.“
…
„Hör schon auf. Sie ist keine von der Sorte. Sie ist
sauber..“
…
Ja. Ich weiß, dass du nicht das gemeint hast. Und ich
weiß auch, dass ich gerade ziemlich leichtsinnig bin. Aber ganz ehrlich, Mann…
Ich glaube, ich werde die fragen, ob wir uns wiedersehen.“
…
„Nein. Kein Fieber, keine Kopfschmerzen. Und auch keine
Heiratspläne, falls du das befürchtest. Ich habe ja kaum zehn Sätze mit ihr
gewechselt. Aber das würde ich irgendwie gern nachholen. Ich glaube, das könnte
sich lohnen.“
…
„Rebecca ist nun wirklich kein Vergleich, du Idiot. Sie
ist deine Schwester und sie anzufassen, würde sich falsch anfühlen…“
Ich klinke mich an dieser Stelle wieder aus und lausche
nur noch auf verdächtige Worte. Ich brauche etwas Zeit, um
darüber nachzudenken. Ich hatte keine Ahnung, dass Männer
genauso schlimm sind, wie die Witzfiguren bei Sex and the City. Also
gewissermaßen wie Klischee-Frauen.
Aber irgendwie kann ich bei aller intellektuellen
Verachtung für diese Art von Gespräch ein völlig debiles Grinsen auf meinem
Gesicht spüren. Und das ist besorgniserregend. Oder?
Meine Güte… Wieso fühlt es sich so gut an, dass er meine
sexuellen Qualitäten wie ein Pferdehändler anpreist? Das ist erniedrigend und
unverschämt und…
Ich gebe auf, als mein neuer, zutiefst weiblicher Stolz
sich von ihrem Stuhl erhebt und mir androht, mich gleich übers Knie zu legen.
Fühlen sich so Frauen, die nicht ihre gesamte Energie in
den Kampf gegen die Ungleichbehandlung der Geschlechter stecken?
Ich muss mir diese Frage stellen. Schließlich war das
weitaus mehr als ein Hobby für mich. Und jetzt scheine ich all das in ein paar Stunden
verraten, verkauft, gekreuzigt und aus dem Fenster geworfen zu haben. Ich habe…
‚die Sache‘ verraten.
Und ich fühle mich so unglaublich gut dabei. Ich muss an
den blöden Meier aus der Marketing-Abteilung und seinen saudummen Spruch
denken. Aber dann wird mir klar, dass er nur den Tropfen geliefert hat, der das
Fass zum Überlaufen brachte.
Ich habe immer gegen die Ungerechtigkeiten und
Unterschiede gekämpft. Und diesen Unterschieden verdanke ich jetzt die
schönsten Stunden meines Lebens.
Die Ungerechtigkeiten bringen mich weiterhin mächtig auf
die Palme. Sogar meine Weiblichkeit macht ein finsteres Gesicht, wenn ich an
ein oder zwei Beispiele denke. Nur meine Libido schockiert mich, indem sie
demonstrativ an sich herumspielt. Aber so weit werde ich nicht
gehen. Niemals.
…
Jedenfalls in einigen Punkten. Da werde ich hart bleiben.
Egal was die kleine Schlampe mir einflüstern will.
Aber bei den Unterschieden sieht die Sache anders aus.
Ich habe eine Muschi und er einen Schwanz. Und wenn das nicht so wäre, dann
würde ich mich jetzt nicht so unglaublich gut gefickt fühlen.
Er ist so stark. Er hat mich so weit getragen, ohne auch
nur die geringsten Anzeichen von Schwäche zu zeigen. Und ich habe mich dabei so
unheimlich gut gefühlt. So beschützt und geborgen und behütet. Das kann doch
nicht alles schlecht sein!
Natürlich würde ich mich von ihm nicht in die Küche
schicken lassen.
Ein wenig herumkommandieren vielleicht. Besonders, wenn
er dabei knurrt. Und wenn er mich zur Belohnung fickt…
Gott im Himmel! Ich würde mich von ihm
in die Küche schicken lassen! Das ist ja schrecklich!
Gut… Ich würde ihm auch die Augen auskratzen, wenn er
sich auf meiner Anbetung ausruht. Und ich würde nicht meinen Job für ihn
aufgeben. Aber ich muss wohl einige Konstanten in meinem Leben neu überdenken.
Irgendwie führt kein Weg daran vorbei.
Es muss einen Weg geben, der fair ist und gleichzeitig
die Möglichkeit bietet, die Vorzüge der Unterschiede der Geschlechter zu
genießen. Eine Problemstellung, die ich meiner Vernunft servieren werde, wenn
sie nicht mehr schmollt.
Jetzt habe ich allerdings eine ganz andere
Herausforderung zu bewältigen.
Richard telefoniert noch immer. Er straft sein
offensichtliches Alter Lügen, indem er mit seinem Freund über Spielkonsolen
streitet und sich dabei einer Sprache bedient, die bei den heutigen
Jugendlichen gerade hipp sein dürfte. Und irgendwie… macht ihn das frustrierend
attraktiv.
Als bräuchte ich noch mehr. Allein neben ihm zu liegen
und mit meinem Bein auf seinem das gelegentliche Muskelspiel zu fühlen. Und an
meinem Oberkörper die vereinzelten Bewegungen zu spüren.
Vielleicht bin ich komplett von Sinnen, aber ich werde
langsam wieder scharf. Und er hat genug Energie, um über Blödsinn zu reden.
Also hat er keine Ausrede.
„Warte mal“, sagt er ins Smartphone und hält das Mikro
zu, als ich mich langsam an seiner Seite nach unten schiebe. „Hey, Schönheit“,
wendet er sich an mich. „Lass mich schnell das Telefonat beenden und…“
Erst will ich antworten, aber mein Hals ist rau und meine
Stimmbänder wollen nicht so recht. Also schüttele ich nur den Kopf, während ich
die Decke von seinem Unterleib ziehe. Er starrt mich an als wäre ich von einem
anderen Stern.
„Du willst…“, sagte er stockend und schluckt, als ich
mich mit vollem Körpereinsatz über sein Bein schiebe, um zwischen seine
Schenkel zu gelangen. „Ich soll.. weiter…?“
Ich lecke mir über die Lippen, nachdem mir die Festigkeit
seines Beins einen sehr überraschenden Schauer der Lust verpasst hat, als meine
überempfindliche linke Brust darüber streifte. Er hat sie wirklich sehr hart
angefasst. Allein die Erinnerung daran…
Außerdem nicke ich ihm zu. Und dann nehme ich einen
Schwanz in Augenschein. Irgendwie zum ersten Mal in meinem Leben so richtig aus
der Nähe und bei voller Beleuchtung.
„Sorry, Alter. Bin zurück“, sagte er.
Sein Prügel sieht auch unerigiert sehr groß aus. Er liegt
auf der Seite und ich vergleiche ihn unwillkürlich mit meinem Vibrator. Fast
doppelt so dick schätze ich.
„Ja. Sie ist aufgewacht“, erklärt Richard. „Aber sie
will, dass ich weiter… Uh!“
Da ich meine Hände zum Aufstützen brauche, teste ich
einfach gleich mit der Zunge, wie er sich anfühlt. Schließlich ist es mein
Plan, ihm… einen zu blasen.
In seinem gegenwärtigen Zustand ist er eher weich.
Weicher als ein Finger. Aber trotzdem nicht völlig schwabbelig. Und er riecht…
nach Sex. So schmecke ich also? Mit Sperma vermischt zwar, aber… gar nicht so
schlecht eigentlich.
„D-das kann ich nicht mit einfachen Worten erklären,
Kumpel“, stammelt Richard ins Telefon.
Sperma wäre mir niemals im Leben in den Mund gekommen.
Einem Mann, der mir auch nur ins Gesicht eja… gespritzt hätte, hätte ich die
Eier abgerissen. Gestern…
Heute fühle ich ein Kribbeln im Bauch und überlege nicht
lange. Noch einmal lecke ich mit der Zunge über das Ding. Länger diesmal und
mit mehr Druck.
„Oh Shit!“, keucht er. „Ich glaube, ich sollte aufleg…“
Sofort funkele ich ihn an. Ich mag nicht sprechen, aber
ich kann ihm auch mit einem Blick sagen, dass ich sofort aufhören werde, wenn
er auflegt. Selbst wenn ich keine Ahnung habe, warum mir das so wichtig ist.
„Nein, Tim! Leg nicht auf. Vertrau mir und leg nicht auf.
Du würdest… Ich muss… Bleib einfach dran, okay?“
Braver Junge. Dafür lecke ich noch einmal in einem langen
Zug darüber. Diesmal kann ich mich auch mehr auf den Geschmack konzentrieren.
Ich würde es primär eine salzige Mischung nennen. Und ich
würde das Aroma nicht als Geschmacksrichtung für Chips empfehlen. Nicht einmal
für den englischen Markt. Aber dieser spezielle Cocktail hier ist von mir und
ihm. Er ist der Beweis unserer Lust. Und das… macht mich tierisch an.
Richard ringt nach Luft, als ich seinen Schwanz in meinem
Mund sauge. Viel redet er nicht mehr. Das übernimmt wohl sein Kumpel. So haben
wir nicht gewettet…
Ich entlasse ihn wieder und sehe demonstrativ zu ihm
hinauf. Und er erwidert den Blick mit der Hilflosigkeit eines Teenagers. Erst
ein aufforderndes Nicken bringt ihn auf die richtige Spur. Ich lege meine
Lippen an die Spitze seiner Eicheln und warte, bis er anfängt zu reden.
„Ich glaube, sie will, dass ich dir eine Schilderung
dessen gebe, was hier gerade passiert“, sagte er fast schon geschäftsmäßig. Und
dann in ganz anderer Tonlage: „Holy Shit!“
Die Entgleisung verbuche ich als Beleg dafür, dass
leichtes Saugen in diesem Stadium seiner Erregung als angenehm empfunden wird.
Ein wenig nimmt der Schwanz langsam an Umfang und Härte zu. Das gefällt mir!
„Sie leckt meinen Schwanz sauber“, keucht Richard. „Und
bevor du fragst: Nein. Wir waren nicht zwischenzeitlich duschen.“
Ich erprobe ein wenig, wie ich ihn mit der Zunge hin und
her bewegen kann. Fast schon spielerisch. Aber dann verändert sich alles sehr
plötzlich und schnell. Binnen weniger Herzschläge schwillt er an und ich muss
unwillkürlich stöhnen, als er mir dabei in den Mund wächst.
Ich mache das. Wegen
mir wird er hart. Trotz aller Belastungen heute. Aber der
eigentliche Grund für meine eigene, wachsende Lust ist tatsächlich das immer
härter werdende Ding zwischen meinen Lippen.
Es macht mich geil, dass er hart wird. Dass ich es so
deutlich fühle. Dass es mir die Luft raubt und mich fast zum Würgen bringt,
weil er so tief in meinen Rachen ragt.
Richard wird hart und Cassy wird feucht. Eine ehemalige
Freundin hatte einen anderen Namen dafür. Pflaumensturz hat sie es genannt,
wenn sie etwas besonders toll fand. Oder ausdrücken wollte, dass sie jemanden
geil fand.
Das Wort hat mir immer Brechreiz verursacht. Und jetzt
ist es das Einzige, was mir in den Sinn kommt. Ich habe einen Pflaumensturz.
Und allen guten Vorsätzen für einen - hoffentlich - gediegenen Blowjob zum
Trotz will ich jetzt sofort dieses Ding wieder in mir haben.
Richard beschwert sich nicht, als ich mich aufrichte und
über ihn krabbele. Er sieht mich nur an und gewinnt etwas von seiner Souveränität
zurück. Vielleicht, weil er meine Lust erkennen kann. Aber vielleicht gewöhnt
er sich auch nur an die Situation.
„Halt dich mal kurz geschlossen, Tim. Lass sie eben
aufsatteln.“
Ich grinse. Das hat er richtig erkannt. Bei aller Gier
nach diesem obszönen Stück Fleisch weiß ich nämlich nicht, was meine Muschi
gerade so verkraften kann.
Ich krabbele weit genug hinauf, dass ich auf seinen
Oberschenkeln sitzen kann. Dann mache ich eine Pause und nehme vorsichtig
seinen Schwanz in die Hand. Es ist nur ein Gedanke, aber ich bin in der
Stimmung, es auszuprobieren.
Ganz steif ragt das Ding mit einer kaum wahrnehmbaren
Neigung zu seiner linken Seite in Richtung seines Bauches. Aber es lässt sich
leicht in eine aufrechte Position bringen. Und so an meine Scham legen.
Das Ergebnis meiner Inspektion bringt mich zum Schlucken.
Dieser Penis in meiner Hand reicht mir fast bis an meinen
Bauchnabel. Den - Bauch - na - bel!
Mit weit aufgerissenen Augen blicke ich zu Richard. Er
ist unübersehbar amüsiert und gleichzeitig sichtlich erregt. Und mir geht das
ja nicht anders, aber ich muss erst einmal kurz verdauen, dass mir dieses Ding
zum Hals wieder rauskommen könnte, verdammt.
Vielleicht bekommt mein Blick deswegen eine ganz leicht
vorwurfsvolle Note. Aber Richard lacht nur laut. Woraufhin ich ganz
unwillkürlich etwas tue, was ich nicht mehr getan haben dürfte, seit ich keine
Windeln mehr trage: Ich schmolle. Sichtbar.
„Das kann ich dir nicht wirklich in Worte fassen“, sagt
er ins Telefon. „Aber das Bild wäre zehn Mal mehr wert, als der Rembrandt
deines Vaters.“
Ich verenge drohend die Augen und versuche wirklich, ihm
böse zu sein.
„Sie hat noch nicht mal angefangen, Tim. Aber ich sage
dir, dass sie gerade das süßeste ‚der passt in mich rein?‘ Gesicht gemacht hat,
das ich jemals gesehen habe.“
Ich will ihm böse sein. Und ich
schaffe es auch, weiterhin wie eine gehirnamputierte Blondine zu schmollen.
Aber seine Worte fühlen sich auch an wie eine Ganzkörpermassage mit einem
Samthandschuh. Einfach, weil in seinen Worten kein Hohn liegt, sondern eher
eine Art kindlicher Begeisterung. Von mir!
Kurzentschlossen gleite ich weiter an ihm hinauf und
verdrehe die Augen dabei.
Sein Schwanz drückt von unten zwischen meine Schamlippen
und gegen meinen Kitzler. Durch das langsame Rutschen fühle ich jede
Unebenheit. Unwillkürlich bin ich dankbar, dass er dort unten sauber rasiert
ist. Und gleichzeitig muss ich mich fragen, wie großartig sich genau jetzt ein
paar zusätzliche Unebenheiten durch Schamhaare anfühlen würden.
Ich könnte - da bin ich mir absolut sicher - durch vor-
und zurückgleiten auf seinem Ding zum Höhepunkt kommen. Ziemlich einfach sogar.
Wann zum Henker hat mein Orgasmus aufgehört, sich wie ein
Reh zu benehmen, das ich nur mit viel Konzentration zu packen kriege? Ah… Ich
erinnere mich. Es fing mit einer Treppe an…
„Sie lässt sich höllisch Zeit, Bro“, keucht Richard
gerade gepresst in sein Handy.
Ich zwinge mich, die Augen zu öffnen und sehe in sein
höchst konzentriertes Gesicht. Sein Blick ruht auf der Stelle, an der sich
unsere Körper so zauberhaft berühren.
Mmhh… Er ringt um Beherrschung. Ich mache ihn wahnsinnig.
Wie geil ist das denn?
Gedanke und Ausführung sind eins - was sich zu einem
Problem entwickeln könnte, so häufig, wie es mir momentan passiert - als ich
die Hand ausstrecke. Er lässt sich nicht groß bitten, schaut nur neugierig in
mein Gesicht, als ich das Handy nehme. Dann runzelt er wieder die Stirn, weil
ich natürlich weiter über ihn rutsche.
„Gut Ding… will Weile haben, Tim“, hauche ich in das topmoderne
iPhone.
Was mich daran erinnert, dass ich dieses Ding auch kaufen
wollte. Ich muss mir das notieren. Es liegt nämlich etwas besser in der Hand
als mein…
Ohh… Scheiß drauf! Seine Eichel sagt gerade meiner
Klitoris Hallo. Das ist wichtiger!
„Kennen wir uns?“, fragt die Stimme am anderen Ende der
Leitung.
Dynamisch und mit einem gewissen, jugendlichen Unterton.
So ähnlich wie die von Richard, aber etwas weniger dunkel und männlich.
„Noch nicht“, wispere ich. „Aber wenn du auch so einen
absurd großen Schwanz hast, würde ich einen Termin für dich freimachen.“
Zu meiner Verteidigung: Ich weiß nicht wirklich, was ich
da rede. Meine Libido hat mich in einem süßen und atemberaubenden Schwitzkasten
und sie ist auch für das lüsterne Vibrieren in meiner Kehle verantwortlich. Ich
kann nichts dafür.
Ich kann eigentlich nur die Augen geschlossen halten,
weil ich im Zeitlupentempo mit einer prallen Eichel meine Klit reize und dabei
in den Wolken schwebe.
„Du nimmst kein Blatt vor den Mund“, sagt die Stimme rau.
„Das gefällt mir.“
Hmm… Hörbar erregt klingt er gleich schon viel
maskuliner. Mir läuft ein Schauer über den Rücken. Und ich will verdammt sein,
wenn ich eine Ahnung habe, was genau ihn ausgelöst hat. Aber es ist schön…
„Ich… gefalle gern“, sagt meine Libido durch meinen Mund.
„Aber ich will auch dafür belohnt werden.“
Die unmittelbare Antwort darauf kommt nicht aus dem
Handy, sondern von… Richard. Den hatte ich beinahe vergessen!
Er legt seine Hände von unten an meine Brüste und greift
fest aber sanft zu. Zeigefinger und Daumen finden meine Nippel. Und die
restlichen Finger finden andere, süße Punkte, die sie mit Druck verwöhnen
können.
Ich japse und stöhne laut. Voll in das Handy. Ohne die
geringsten Hemmungen.
„Besorgt er es dir schon? Oder belohnt er dich gerade
nur?“
„Be-belohnung“, keuche ich. „Titten!“
„Warte nur, bis er wieder in dich eindringt. Mal sehen,
wie laut du dann stöhnst.“
Oh Gott! Es ist, als wäre ich plötzlich mit zwei Männern
zusammen. Mir wird ganz schwindelig.
„Fass… deinen Schwanz an“, wimmere ich ins Handy, während
ich mich selbst in Position schiebe, um Richard in mir aufzunehmen.
„Tue ich längst“, grunzt Tim zur Antwort.
Jetzt gerade hätte ich überhaupt nichts dagegen, wenn
Richard wieder die Führung übernehmen würde. Nichts könnte gerade weiter
entfernt sein, als die Sorge darüber, wie gut ich ihn in meiner Muschi
vertragen mag.
Aber er konzentriert sich auf meine Brüste und meine
Nippel. Knetet sie. Zieht die Knospen in die Länge. Macht mich wahnsinnig!
Ich greife nach hinten und beuge mich gleichzeitig vor.
Strecke ihm meinen Oberkörper entgegen. Ergreife seinen Schwanz. Und hebe ihn
an, damit ich ihn mir einverleiben kann.
„Oh - mein - Gott!“
„Spießt du dich jetzt auf?“, fragt die Stimme in mein
Ohr.
Ich kann nicht antworten. Ich kann nur hecheln. Wie eine
Hündin, der zu heiß ist. Viel zu heiß.
Es ist unwahrscheinlich intensiv. Meine Muschi brennt.
Vor Begierde und auch ein wenig vor Beanspruchung. Wäre ich nicht so maßlos
erregt, würde ich es kaum ertragen können. Aber so… ist es großartig!
Der einzige Grund, weswegen ich mich nur ganz langsam
absenke, ist der Genuss. Richard zischt und packt meine Brüste fester - was mir
sehr gut gefällt. Und ich spüre seine Eichel, wie sie sich Platz in mir
verschafft. Mich füllt, bis ich das Gefühl habe, gleich zu platzen.
„Wenn ich jetzt bei euch wäre…“, knurrte Tim.
Es klingt bedrohlich, wütend, maßlos erregt. Ich liebe
diesen Klang!
„Dann…?“, stöhne ich atemlos.
„Du weiß, was ich dann tun würde“, grollt er. „Eine Frau
wie du weiß das.“
„Sag es mir trotzdem“, wimmere ich. „Und sag nicht
‚Frau‘. Sag mir, was ich wirklich bin…“
Ich sitze auf Richard und fühle, wie er irgendetwas in
mir mit seinem Schwanz mehr als deutlich berührt. Ich bin mir absolut sicher,
dass er tiefer in mir ist, als beim ersten Mal. Und es passt dennoch. Wie auch
immer.
Es fühlt sich intensiver an. Aber mein Kopf will noch
mehr. Ich ahne, was Tim meinen könnte. Schließlich bin ich nicht dumm. Aber ich
will es hören.
„Ich würde dich in den Arsch ficken, du kleine, geile
Schlampe“, raunt er hart.
Mir stockt der Atem. Aber nicht vor Entrüstung. Soviel
ist sicher.
„Bitte nicht…“, jammere ich flehend. „Du bist viel zu
groß für meinen Arsch…“
„Tu nicht so! Du willst es doch auch!“
„Nein!“
Meine ich das ehrlich? Ich weiß es gerade nicht. Kann
nicht denken. Aber eines ist scher: Dieser Satz hätte mich gestern noch zur
Furie werden lassen.
„Doch!“, knurrt er. „Du sehnst dich danach! Und du wirst
darum betteln, Schlampe!“
Für einen Moment sage ich nichts. Ich atme nicht einmal.
Aber dann bekomme ich die Antwort auf meine eigene Frage aus meinem eigenen
Mund.
„Ja, du Bastard! Fick meinen Arsch. Bitte…
Bitte!“
Ohne es zu merken, habe ich angefangen, mich leicht vor
und zurückzuwiegen. Das Lustgefühl nimmt sowieso mit jedem Herzschlag zu. Wie
es dazu kommt, ist für mich nicht mehr wichtig.
Wäre Tim hier, dann würde er jetzt…
OhGott!
Ich erstarre. Fantasie und Wirklichkeit verknoten sich
fast untrennbar, als etwas Festes meinen Hintern berührt. Sich zwischen meinen
Pobacken vortastet, bis es gegen mein Poloch drückt.
Es ist nicht Richards Schwanz. Der füllt mich noch immer
völlig aus. Aber was ist es dann?
„Fühlst du es?“, fragt Tim. „Bist du jetzt sprachlos?“
Ich winsele möglicherweise.
Und dann jaule ich eindeutig, als sich der Druck
verstärkt und mein Schließmuskel etwas nachgibt. Es ist ungewohnt, unangenehm,
schmerzhaft. Und es macht mich an.
Ein Arm an meinem Arsch fängt an, mich zur Bewegung zu
drängen. Wem er gehört, weiß ich nicht. Aber ich folge, wie man es von einer
kleinen, geilen Schlampe erwartet. Ich schiebe mich auf dem Schwanz in meiner
Muschi vor und zurück und presse mich bei jeder Rückwärtsbewegung dem
Eindringling an meinem Arschloch entgegen.
Immer weiter schiebt er sich hinein. Die Reibung dabei
ist irrsinnig. Aber ich scheine sogar dort ein wenig feucht zu sein. Oder ich
nehme es einfach nicht mehr richtig wahr, dass es eigentlich höllisch wehtun
sollte.
Längst liegt mein Oberkörper flach auf Richards Brust und
ich gebe mich ihm und seinem gesichtslosen Freund völlig hin. Sie reden mit
mir, beschimpfen mich. Grunzen, stöhnen und schnaufen. Und ich bettele und
flehe und schreie vor Lust.
Mehr ist da nicht. Ich habe keine Ahnung, wie lange das
geht. Ich bin kein Mensch mehr, sondern nur noch ein Stück Fleisch. Voller
Geilheit und völlig triebgesteuert.
Ich komme. Und nicht nur einmal. Ich habe keinen blassen
Schimmer wie oft.
Nur eines bleibt mir unauslöschlich und vollkommen klar
im Gedächtnis. Es ist der Moment, als Richard zum Orgasmus kommt.
Den Eindringling bis zum Anschlag im Arsch und seinen
Schwanz ebenso tief in der Muschi werde ich von einer Pranke gepackt und an ihn
gepresst. Ich kriege keine Luft, mir ist schwindelig, ich schwitze wie nie
zuvor und ich kann nicht aufhören zu winseln.
Und dann fühle ich es. Auch wenn das angeblich unmöglich
sein soll. Ich fühle, wie er kommt. Spüre seinen Samen, der nicht einfach meine
Muschi, sondern meinen Körper flutet. Mir durch alle Adern schießt. Mich kommen
lässt. Zusammen mit ihm.
Es raubt mir nicht die Besinnung. Aber ich bin am Ende.
Ich kann nicht einmal Protest signalisieren, als Richard seine Finger aus
meinem Po entfernt oder mich an seine Seite bugsiert. Ich bin fertig. Und ich
bin so restlos und vollständig und himmlisch befriedigt, wie nie zuvor.
Einen Sekundenbruchteil später bin ich eingeschlafen. Und
es interessiert mich nicht die Bohne, dass meine letzte Wahrnehmung die von
meiner Vernunft ist, wie sie sich schlotternd in eine Ecke drückt, während
meine Libido, meine Weiblichkeit und wer weiß welche Merkmale noch drohend auf
sie zugehen.
Als Nächstes spüre ich, wie etwas meine Nase kitzelt, und
merke, dass ich aufwache. Ein angenehmer Geruch, der mir vage vertraut
vorkommt, füllt meine Nase. Und da ist Hitze an meiner Vorderseite.
Ich fühle mich, wie nach einem Besuch im Fitnessstudio,
den ich maßlos übertrieben habe. Selbst die kleinste Regung bringt mich fast
zum Stöhnen vor Schmerz. Aber es ist ein guter Schmerz, denn…
Oh - mein - Gott! Ich fühle mich völlig durchgefickt. Und
das liegt daran, dass mir genau das passiert ist!
Wie ein Wasserfall brechen Erinnerungsbilder über mich
herein. Bilder von Sex. Bilder von Richard. Bilder von Körperteilen von mir,
die ekstatisch zucken.
Ich erwarte einen lähmenden Schrecken zu fühlen, weil ich
alle Prinzipien verraten habe, an die ich glaubte. Und da ist… Nichts.
Nur das Gefühl, richtig guten Sex gehabt zu haben. Und
halb auf einem Mann zu liegen, der maßgeblich daran beteiligt war.
Ein Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus. Ich kann
es fühlen. Aber ich glaube, ich muss es auch sehen. Sicherstellen, dass mich
aus dem Spiegel nicht ein völlig fremdes Gesicht anstarren wird.
Richard schläft. Tatsächlich schnarcht er sogar leise.
Und er hört nicht damit auf, als ich mich von ihm löse. Obwohl das eine ganze
Weile dauert, weil wir buchstäblich aneinanderkleben. Mit Schweiß und Sperma
und wer weiß was noch aneinander gekettet.
Bevor ich ins Bad seines Hotelzimmers verschwinde, muss
ich einfach noch einen Blick unter die Decke wagen. Und mir unwillkürlich über
die Lippen lecken, als ich seinen Schwanz in aller Pracht stehend darunter
vorfinde.
Träumt er von mir? Oder ist das eine dieser Morgenerek… -
Latten! - Morgenlatten?
Ich weiß es nicht und werde ihn nicht wecken, um ihn zu
fragen. Wenn ich Glück habe, bin ich verschwunden, bevor er aufwacht. So kann
ich einem Gespräch über Dinge aus dem Weg gehen, die mir selbst nicht klar
sind. Fragen ausweichen, auf die ich die Antwort nicht kenne.
‚Ach… Sei ehrlich zu dir selbst, Cassandra‘, schimpfe ich
stumm. ‚So kannst du verhindern, ihn anzuflehen, dich wieder und wieder zu
vögeln und ihm völlig hörig zu werden.‘
Mit geschürzten Lippen muss ich mir zugestehen, dass da
was dran sein mag. Und kein enthusiastisches Nicken meiner Libido wird mich davon
überzeugen, mich gerade jetzt auf so etwas einzulassen. Erst muss ich mit mir
selbst ins Reine kommen.
Und dann… vielleicht… mit Richard oder einem anderen
Mann… gelegentlich… So wie in ‚zwei bis fünfmal pro Nacht‘…
Schluss damit, verdammt!
Im Bad erkenne ich mich wirklich nicht im Spiegel. Meine
Haare stehen in mehr Richtung ab, als physikalisch möglich sein dürfte. Mein
Gesicht ist verknittert und auf meiner Haut sind Spuren der nächtlichen
Aktivitäten zu sehen. Und meine Augen… meine Augen…
Was zum Henker ist in mich gefahren, dass ich strahle,
wie ein defektes Kernkraftwerk?
Die Antwort kommt direkt aus meinem Kopf und bringt mich
gegen meinen Willen zum Grinsen: Ein richtig großer Schwanz.
Ich sortiere notdürftig meine Haare und setze mich dabei
auf die Toilette. Das Brennen in meiner Vag… Muschi lässt mich die Augen
aufreißen. Verfluchte Scheiße, das tut weh! Und trotzdem läuft mir ein Schauer
über den Rücken, weil ich genau weiß, weswegen es sich so anfühlt.
Kopfschüttelnd muss ich darüber nachdenken, wie oft
meiner Vermutung nach schon ein Mann über mich gesagt hat, ich müsse wohl
einfach nur mal richtig durchgenommen werden, damit ich zur Vernunft komme.
Offenbar hatten diese Penner alle recht.
Ich kann es kaum fassen, aber ich habe mich selten in
meinem Leben so gut gefühlt. Und ich bereue… gar nichts.
Naja… Warum sollte ich auch? Ich bin eine erwachsene
Frau, die sich von einem Mann abschleppen ließ, um Sex zu haben…
Oookay. Die einen Mann abgeschleppt hat, um Sex zu haben.
Na und? Andere Frauen tun das ständig.
Jaja… Und ich habe genau auf diese Frauen immer
herabgesehen und mich für etwas Besseres gehalten. Sie sogar verachtet.
Jetzt habe ich meine Meinung eben geändert. Schließlich
bin ich eine Frau. Ich darf das. Es gibt eine eigene Abart der Logik, die es
mir erlaubt. Weibliche Logik.
Meine Güte fühlt es sich gut an, sich wie eine
Klischee-Frau zu verhalten. Ich glaube, ich möchte Schuhe kaufen gehen.
Vielleicht gefällt mir das ja auch. Und außerdem ist da irgendwas an
hochhackigen Schuhen, was Männer verrückt macht. Und ich mag verrückte Männer,
wie ich gerade herausfinde.
Ich denke, ich möchte so einige Experimente machen, um
herauszufinden, wie verrückt ich sie machen kann.
Nach der Toilette liebäugele ich ernsthaft mit der
Dusche. Aber ich würde damit das Risiko erhöhen, Richard zu wecken. Und ich
möchte ehrlich erst einmal in Ruhe über meine Situation nachdenken, bevor ich
mich wieder seinen Augen stelle. Die machen mir nämlich die Knie weich und
haben nachteilige Wirkung auf mein Denkvermögen.
Mit seinem Kamm richte ich mein Haar notdürftig und
schleiche dann ins Zimmer zurück, um meine Klamotten einzusammeln.
Upps! Das hatte ich vergessen…
Das ist ein Problem.
Als ich das Zimmer schließlich verlasse, bin ich knallrot
im Gesicht. Ich fühle mich wie eine Diebin. Und ich bin mir sicher, dass ich
die innere Diskussion über meine Vorgehensweise und den Plan für meinen Heimweg
besser hätte führen können.
Tatsächlich fühle ich mich sogar wie eine Idiotin. Wenn
auch eine sexy Variante dieser Untergattung der Menschheit. Wann habe ich
angefangen, mit meiner Libido - also mit meiner Muschi - zu denken? Und wo
steckt bloß meine Vernunft? Warum steht sie mir in so einer Situation nicht
bei?
Ich habe Richard eine Notiz hinterlassen. Ich habe seine
Handynummer aus seinem Smartphone abgeschrieben und ihm versprochen, mich zu
melden. Um ihm zurückzugeben, was ich ihm stibitzt habe. Und um es
wiedergutzumachen.
Ich habe nicht lange überlegt, was ich dazu schreiben
sollte. Was mir rückblickend wie eine weitere Leichtsinnigkeit vorkommt. Eine
Formulierung wie ‚du kannst dir aussuchen, womit ich es wiedergutmachen soll‘
erlegt ihm erschreckend wenig Beschränkungen auf, nicht wahr?
Hoffentlich enttäuscht er mich nicht und reizt diese
Freiheit bis zum Äußersten…
Herrgott nochmal! Schluss damit!
Ich muss mich zusammenreißen. Es reicht, dass ich einen
Herren-Sommermantel trage und darunter völlig nackt bin. Wie passend, dass er
in der Disko wohl nur sein Jackett an der Garderobe zurückgelassen hat und sein
Mantel sicher über seinem Stuhl im Hotelzimmer hing. Als würde er dort auf mich
warten.
Aber wie zur Hölle konnte es mir als gute Idee
erscheinen, ihm meine zerrissene Kleidung und sogar meine Unterwäsche aus der
Handtasche als ‚kleine Entschädigung‘ dazulassen?
Und wieso fühle ich mich so unwahrscheinlich verrucht und
bin schon wieder feucht?
Das ist doch absurd!
Ich komme nicht dazu, auf dem Heimweg über meinen
seltsamen Mangel an Vernunft nachzudenken. Die Leute starren mich an.
Schließlich trage ich einen geschlossenen Mantel. Im Sommer. Und vermutlich
sehe ich auch etwas verkrampft aus.
Ich fühle die wissenden Blicke der Hotelangestellten, als
ich mich an einem Samstagmorgen ziemlich früh aus dem Gebäude schleiche. Das
kennen die sicherlich schon. Und vermutlich würden nicht einmal die Details
meines Bekleidungszustandes sie schockieren. Aber darauf lasse ich es
keinesfalls ankommen.
Vor dem Hotel treffe ich eine weitere unvernünftige
Entscheidung. Das häuft sich langsam.
Ich hätte in eine Boutique gehen und mich komplett
einkleiden können. Ohne Zweifel hätte eine Verkäuferin daraufhin etwas über
meinen vorherigen Zustand gewusst. Aber wie schlimm wäre das gewesen?
Oder ich hätte mir ein Taxi rufen lassen können. Auch
wenn ich dazu der jungen Frau an der Rezeption in die Augen hätte sehen müssen.
Aber die weiß ohnehin schon alles, was sie wissen muss. Und angesichts der
Klasse des Hotels kann sie auch den Mund darüber halten.
Stattdessen schlendere ich zu Fuß nach Hause. Etwa zwei
Kilometer weit!
Am Anfang halte ich krampfhaft den Mantel geschlossen und
ziehe den Kopf ein. Aber dann gleitet meine Libido an meine Seite. Ich habe sie
noch nie so zufrieden gesehen. Wobei ich sie ja sowieso selten gesehen habe.
Vielleicht insgesamt in meinem Leben ungefähr so lange, wie in den letzten
zwölf Stunden zusammengenommen.
Sie ist nackt. So wie ich unter dem Mantel. Und es macht
ihr überhaupt nichts aus. Was zugegebenermaßen zumindest ein wenig daran liegen
mag, dass nur ich sie sehen kann. Aber bei ihr kann man sich da nicht sicher
sein.
Als sie den Kopf dreht, um einem jungen Mann hinterher zu
sehen, mache ich es ihr nach. Und er blickt auf, stutzt, mustert mich rasch und
sieht mir dann in die Augen. Für einen Moment vergisst er sein Smartphone und…
lächelt.
Und ich… lächele zurück. Wir nicken einander zu und gehen
unserer Wege. Aber… Wow! Er war mindestens fünf Jahre jünger als ich und
attraktiv genug, um von jungen Frauen umschwärmt zu werden. Und er hat mich
angelächelt.
Ich kann nicht verhindern, dass ich ein wenig strahle,
als meine Weiblichkeit sich auf der anderen Seite zu mir gesellt. Ihr
Gesichtsausdruck ist ein Spiegelbild von meinem. Wir fühlen uns seltsam
gewertschätzt. Auf eine Art, die wir nie zuvor so wahrgenommen haben.
Sie hakt sich auf der einen Seite ein und meine Libido
auf der anderen. Allerdings ist Letztere ziemlich abwesend, denn sie starrt
jedem halbwegs attraktiven Mann hinterher. Und einigen Frauen?! Ohje… Aber… Was
soll‘s eigentlich? Wir schauen ja nur…
Ich entspanne mich langsam und höre auf, den Mantel
festzuhalten als hinge mein Leben davon ab.
Natürlich bin ich ein wenig in Sorge. Wenn das Ding
aufgehen würde…
Mein Stolz erscheint vor mir und sieht mich
herausfordernd an. Sie ist von einer kleinen Lolita zu einer umwerfenden und wahnsinnig
erotischen Lady geworden. Ich muss mir unbedingt ein mentales Foto von ihrem
Outfit machen, auch wenn ich in so etwas kaum so… rattenscharf aussehen dürfte.
Oder?
Sie sieht mich an und ihre Augen stellen mir eine Frage:
‚Ja? Was wenn? Was wenn der Mantel aufgehen würde? Würdest du dir dann von
irgendwem die Butter vom Brot nehmen lassen, Cassandra? Oder würdest du dem
Ersten, der dir blöd zu kommen versucht, eine deftige Lektion erteilen?‘
Libido und Weiblichkeit nicken bedächtig. Und irgendwo in
den Hinterzimmern meines Geistes scheint eine Art geknebelter Stimme sich Gehör
verschaffen zu wollen. Aber das bilde ich mir wohl nur ein.
Schließlich muss ich eingestehen: Mein Stolz hat recht.
Ich bin weder hilflos, noch ein Opfer. Ich entscheide selbst, wann ich mich
jemandem ausliefere. Und wie lange oder zu welchen Bedingungen. Weder ein
Business-Kostüm noch die völlige Abwesenheit von Kleidung ändert etwas daran.
‚Emanzipation‘, erinnere ich mich an etwas, was ich
einmal gelesen habe, ‚hat weniger damit zu tun, wie andere mit mir umgehen. Sie
dreht sich mehr darum, wie ich mit anderen umgehe. Und mit mir selbst.‘
Es macht mich nicht schwach, mich in einer Frauenrolle
wohlzufühlen. Und es macht mich auch nicht schwach, mich den Begierden von
Männern auszuliefern. Wenn ich
das will, dann wäre es doch völlig dämlich - Oh, ich werde
es genießen, dieses Wort öfter zu benutzen - mir das zu verwehren.
Männer wie Frauen - alle Menschen - nutzen die Schwächen
von anderen aus. Und bislang habe ich meine Weiblichkeit als Schwäche gesehen.
Aber ich muss sie nicht erst anblicken, um zu verstehen, dass sie auch eine
Stärke sein kann. Ebenso wie meine Libido. Und mein Stolz, was das angeht.
Ich mache mir im Geiste eine ganz neue, eigene
Emanzipation. Und die erlaubt es mir, den Mantel so weit zu öffnen, dass man
mein Dekolletee gut erkennen kann. Sie erlaubt mir auch, die Blicke zu
genießen, die ich daraufhin von Männern erhalte.
Sie wird mir erlauben, jedem Typen, der sich nicht von
diesem Anblick losreißen kann, in den Arsch zu treten. Und sie wird mir
erlauben, Männer wie Richard - oder Tim - damit nach Herzenslust spielen zu
lassen. Solange es mir ebenfalls Spaß macht.
Also…
„Fick dich, Feminismus. Ich steh auf Männer, die sich
auch wie Männer benehmen und harte, dicke Schwänze haben!“
Und es ist mir völlig egal, dass mich jetzt drei Dutzend
Leute entgeistert anstarren.
Aber ich gehe lieber trotzdem weiter, bevor ich gleich
rot werde…