Wenn ich ins Netz gehe, kann ich dem Thema kaum entgehen.
Und weil ich bin, wie ich bin, kann ich nicht verhindern, dass mir die Galle
hochkommt. Ähnlich wie es all den armen Opferlämmchen und Trittbrettfahrern der
Thematik wohl auch geht.
„85 Prozent der Frauen und 75 Prozent der Männer“,
schreibt der Focus heute, „finden die Sexismus Debatte überfällig.“
„Fünfundachtzig Prozent der Frauen“, meint ein Reporter
in einem Beitrag zum Thema Sexismus bei Promis, „weil sie alle vermutlich schon
damit Erfahrungen gemacht haben.“
‚Bullshit!‘, denke ich mir.
Es ist wohl mal eher so, dass 100 Prozent aller Frauen
schon mal irgendwie mit unpassenden Bemerkungen konfrontiert wurden.
Nein, warte… Nicht ‚unpassend‘, denn das ist die Wertung
der Gesellschaft. Ich nenne es mal beim Namen: Es sind geschlechtsspezifische
Aussagen, die sich auf weibliche Körpermerkmale und/oder Klischees über Frauen
beziehen.
Und diesen Aussagen begegnet man bereits in der Kindheit,
wenn es ums Spielen mit Matchbox-Autos oder Puppen geht.
Ein wichtiger Punkt dabei ist aber: Diese Scheiße fließt
in beide Richtungen den Berg hinauf. Männer-Klischees sind allgegenwärtig und
werden gerade in dieser verfickten Debatte zuhauf ausgegraben.
Es wird also durchaus aus einem Glashaus mit ganz schönen
Pflastersteinen geworfen.
Meine persönliche Meinung dazu ist: So what?!
Anzüglichkeiten, Klischees und sexuelles Interesse sind Teil
der menschlichen Kommunikation. Ohne sie gäbe es praktisch keine Fortpflanzung
und sie unterstreichen den Unterschied zwischen den Geschlechtern.
Werden sie als Machtinstrument missbraucht, verurteile
ich das. Aber ich verurteile verdammt noch mal alles, was so missbraucht wird.
Von rhetorischen Mitteln bis hin zu blanker Gewalt. Da geht es um
Machtmissbrauch und nicht um eine Geschlechterfrage.
Die Art, wie in der aktuellen Diskussion mit der Thematik
umgegangen wird NERVT.
Und zwar gewaltig.
Natürlich kann man jede Situation, in der bei einer
Unterhaltung eine Klischee-Formulierung verwendet wurde, auch als Sexismus
auslegen. Aber Fakt ist nun einmal, dass ein „da haben sie wohl mal wieder nur
ans Schuhe kaufen gedacht, Frau Müller“, in die gleiche Kategorie fällt wie ein
„da waren sie wohl mal wieder in Gedanken schon beim Fußballspiel heute Abend,
Herr Meier.“ Der Subtext beider Botschaften ist nicht geschlechtsspezifisch,
sondern hat was mit Aufmerksamkeit gegenüber einer Sache zu tun, die nicht
aufgebracht wurde.
Das ist kein Sexismus, sondern Umgangssprache. Und beide
Aussagen beinhalten ein Körnchen von „du bist dumm, Mensch, dem ich das gerade
sage.“
Wenn das jetzt unter Strafe gestellt wird, dann gute
Nacht.
Was diese Debatte bringen könnte, wenn sie nicht zu einer
Schlammschlacht der Männlichkeit und Weiblichkeit verkäme, wäre eine neue Wahrnehmung
der Kommunikation. Eine Erkenntnis darüber, dass alle Menschen verbal oftmals
Diskriminierung ausgesetzt sind. Dass dies irgendwie auch normal ist. Und wie
man vielleicht neu damit umgehen lernen könnte. Sodass es sich womöglich ein
wenig abbaut.
Aber was wir bekommen, ist nur ein Krieg der
Geschlechter. Und zwar einer, bei dem ich auch langsam sauer darüber werde,
immer über einen Kamm mit dem letzten Dorfdeppen (was übrigens eine Diskriminierung
der Landbevölkerung darstellt) geschoren zu werden.
Und überhaupt… Was kann der Kamm dafür? Wieso
diskriminiere ich jetzt auch noch die Friseure?
Ich Arsch!
Ach ne… Das wäre eine Diskriminierung des menschlichen
Hinterteils. Und wieso ist das überhaupt ein Hinterteil? Wieso darf es nicht
vorne sein? Ist ‚hinten‘ nicht auch schon eine Herabwürdigung? Mit welchem
Recht wird der Hintern an hintere Stelle gesetzt?
Komm mal klar, Deutschland.
Du galoppierst nämlich gerade in eine Richtung, in der
wir am Ende alle gar nicht mehr miteinander reden, weil es ja fasch aufgefasst
werden könnte.