Ein Experiment. Aus einer Laune und einem Lied heraus entstanden.
Es hat Spaß gemacht und man munkelt, das Lesen macht mehr Spaß, wenn man die passende Musik dazu hört (guess which).
Aber als Bestleistung würde ich es nicht gerade bezeichnen...
*****
Lay All
Your Love On Me
Eine Geschichte zum Lied von ABBA
1. Strophe
“Du bist eifersüchtig, Alter”, brach es aus Roman heraus
und man konnte ihm ansehen, dass er sich zurückhalten musste, um nicht lauthals
loszulachen.
Für einen Augenblick sah Dorian aus, als hätte ihn ein
toter Tintenfisch mitten ins Gesicht getroffen. Sein auf die Tanzfläche
fixierter Blick wurde starr. Zunächst holte er tief Luft und wollte automatisch
widersprechen. Aber dann huschte wieder das tanzende Paar durch sein Sichtfeld
und er atmete langsam aus.
Betroffen blickte er auf den Tresen und musste dann sogar
ein klein wenig lächeln. Wenn auch etwas reumütig.
„Scheiße…“, murmelte er halb an seinen besten Freund
gewandt und halb an sich selbst. „Seitdem ich sie habe, ist jeder Mann auf
dieser Welt eine Bedrohung für mich. Egal wie schmierig oder gelackt er
aussieht…“
Roman brauchte keinen extra Hinweis darauf, dass sein
Kumpel sich auf den Möchtegern-Gigolo bezog, der auf der Tanzfläche eine Show
daraus machte, eine bildhübsche Blondine durch jede der Menschheit bekannte
Tanzfigur zu wirbeln. Es war ziemlich offensichtlich.
„Und ich dachte immer, deine einzige Schwäche wären die
Zigaretten“, stichelte er Dorian noch ein wenig.
Ein wenig ungehalten fuhr der dunkelhaarige Mittzwanziger
zu ihm herum und brauste auf: „Ich bin vielleicht jetzt etwas
besitzergreifender als früher. Na und?“ So schnell sein Zorn aufgekommen war,
so schnell verpuffte er auch wieder und Dorian wurde ernst. „Das ist alles neu
für mich, Mann. Die Regeln von früher…“ Er stockte und suchte nach Worten. „Sie
gelten einfach nicht mehr. Alles was ich früher für richtig gehalten habe… hat
sich verändert. Durch sie…“
Sein ausgestreckter Arm deutete vage in Richtung der
Tanzfläche. Roman grinste ihn schelmisch an. Und Dorian fühlte sich irgendwie
verpflichtet, sich noch deutlicher zu erklären, obwohl es ihm wirklich peinlich
war, so tief in die Emotionskiste zu greifen.
„Weißt du, was ich am liebsten machen würde?“, fuhr er
ein ganz klein wenig eingeschnappt fort, weil er sich von seinem allerbesten
Freund nicht ganz ernstgenommen fühlte. „Ich würde am liebsten da rüber gehen,
sie mir schnappen und zu ihr sagen, dass sie ihre Zeit nicht mit solchen Typen
verschwenden soll. Dass sie mir
all ihre Aufmerksamkeit und Liebe geben soll.“
Dann runzelte er die Stirn über seinen eigenen Ausbruch.
„Wie krankhaft ist das, Mann? Ich bin besessen. Erzähl ihr das bitte niemals!“
„Das muss ich gar nicht“, presste Roman mühsam hervor,
während ihm schon Tränen in die Augen traten. Dann biss er sich auf einen
Finger, in dem offensichtlich erfolglosen Versuch, nicht in schallendes
Gelächter auszubrechen. Sein Seitenblick an Dorian vorbei ließ diesem etwas
schwanen.
Als er sich umdrehte, erblickte er anstelle eines
wütenden oder entrüsteten Gesichts als allererstes ein leuchtendes Augenpaar über
einem strahlenden Lächeln. Die Tränen in diesen Augen waren eindeutig eher
Tränen der Rührung, als der Belustigung. Und dann flog sie auch schon in seine
Arme.
„Don’t go wasting your emotion, Baby“, hauchte sie in
sein Ohr und es machte überhaupt nichts, dass ihre Stimme ein wenig zu
ergriffen war, um die Melodie richtig zu halten. „Lay all your love on me!“
Wegen des darauffolgenden, unglaublich leidenschaftlichen
und intensiven Kusses bekamen sie beide kaum etwas davon mit, dass Roman sich
noch immer kichernd von seinem Barhocker erhob und an die Seite des recht
betreten dreinblickenden Gigolo trat, der die Szene nicht gerade glücklich
verfolgte.
„Mach dir nix draus, Alter. Du hattest sowieso nie ‘ne
Chance bei ihr.“ Der hochgewachsene Osteuropäer klopfte dem vielleicht
tatsächlich aus Italien stammenden Mann in schneidiger Diskoklamotte auf die
Schulter. „Als sie sich das erste Mal gesehen haben, hab ich schon die
Hochzeitsglocken läuten hören…“
2. Strophe
„Ich würde ihn sofort heiraten, wenn er mich fragen
würde.“
„Heiraten?“, japste Vanessa erschrocken und starrte ihre
Freundin und Mitbewohnerin entgeistert an. „Bist du bescheuert?“
„Nein“, erwiderte Eliza abwesend lächelnd. „Verliebt.“
„Aber…“
„Es war wie eine Entenjagd, Nessy“, fuhr die gerade zwanzig
gewordene Blondine fort und spielte gedankenverloren mit einer, vom Duschen noch
feuchten Haarsträhne, während sie in die Ferne starrte und verträumt lächelte.
„Aber auf eine schlafende Ente. Ein paar Worte, ein verschmitztes Grinsen und…
Oh Baby… Ich hing am Haken…“
„Aber…“
„Ich weiß schon, was du sagen willst.“ Das leicht
irritierte Stirnrunzeln ihrer Freundin ignorierte die schwärmende, junge Frau
einfach. „Ich weiß ja selbst nicht, wie er es gemacht hat. Eine erwachsene Frau
sollte sich nicht einfach so Hals über Kopf in einen dahergelaufenen Weltenbummler
verlieben, der eigentlich nur auf der Durchreise ist.“
„Im Urlaub!“, schaffte Vanessa es gerade eben so
einzuwerfen.
„Jaja… Ich fürchte mich auch ein wenig…“
„Na wenigstens ist da noch irgendwo ein Funke Vernunft in
deinem Köpfch…“
„Nein ich fürchte mich sogar ziemlich!“, korrigierte
Eliza sich und Vanessa fing an sich zu fragen, ob es überhaupt eine Rolle
spielte, dass sie anwesend war. Der kurze Augenblick der Erleichterung, als ein
paar scheinbar vernünftige Worte den Mund ihrer Freundin verließen, endete an
dieser Stelle auch sofort wieder, als sie fortfuhr: „Ich habe Angst ihn zu
verlieren, sobald ich ihn nicht mehr sehe. Ich fühle mich… Unzufrieden… Nein…
Unvollständig! Ich…“
Vanessa war ohnehin zu erschüttert, etwas einzuwerfen,
als Eliza kurz stockte und nach Worten suchte. Und als ihr Blick verzweifelt
durch den Raum irrte, blieb ihr beinahe das Herz stehen.
„Ich würde Gott auf Knien anflehen, ihn für immer an mich
zu binden, wenn ich wüsste, dass er das auch will.“ Die Blondine sprang auf und
das Feuer einer Idee brannte in ihren Augen. „Ach scheiß auf meinen Stolz und
die Regeln! Ich
werde ihn fragen
…“
„Don’t go wasting your emotion“, ertönte es in nicht
gerade bester Qualität, aber dafür umso lauter. „Lay all your love on me!“
Vanessa konnte nicht anders als die Augen zu verdrehen,
als sie mit ansehen musste, wie auch der allerletzte Rest jedwedes Funken an
Verstand und Vernunft aus dem Gesicht ihrer Freundin wich und sie begeistert
kreischte, während sie herumfuhr.
Der Mann in der Tür trug nur eine Shorts und sah
sicherlich so übel nicht aus mit seinen dunklen Haaren und der Sportlerfigur,
aber es wäre dennoch schön gewesen, über seine Anwesenheit in der kleinen
Ferienwohnung Bescheid gewusst zu haben. Auch wenn er offensichtlich wirklich
ausschließlich Augen für Eliza hatte und nicht einmal bemerkt zu haben schien,
wie deren Freundin hastig ihren Bademantel in Ordnung brachte oder - was das
anging - bei seinem Anblick zur Salzsäule erstarrt war.
Aber sein prägnantestes Merkmal war ohne jeden Zweifel
der ebenfalls absolute Mangel an Vernunft oder Verstand, sobald er die Blondine
erblickt hatte.
Als sie zusehen musste, wie er vor Eliza auf die Knie
ging, ihre Hand ergriff und sie fragend anstarrte, woraufhin diese ebenfalls in
die Knie ging und gleichzeitig lachend und weinend flüsterte: „Ja. Ja!
Tausendmal: Ja!“, konnte Vanessa nicht mehr anders. Stöhnend ließ sie ihren
Kopf auf die Tischplatte fallen.
3. Strophe
„Bitte seht nicht mich an!“, wehrte Vanessa erschrocken
ab. „Sie hat mich nicht einmal wahrgenommen, als ich versucht habe, mit ihr zu
reden. Sie ist völlig auf ihn fixiert…“
Als die beiden Augenpaare, die sich bis dahin fragend,
aber auch aufgebracht auf die Brünette konzentriert hatten, daraufhin den
anderen Anwesenden ins Visier nahmen, hob der hochgewachsene Bulgare ebenfalls
abwehrend die Hände.
„Ich mag Dorian seit unserer Kindheit kennen, aber so
habe ich ihn noch nie erlebt. Jeder Versuch auch nur für eine Sekunde von etwas
zu reden, dass sich nicht um seine Eliza dreht - positiv dreht - ist zum Scheitern verurteilt.“
„Na wenigstes erfahren wir nun endlich einmal, wie der
junge Mann heißt, der heute unsere Tochter heiraten will“, erwiderte die
elegante Dame, zu der eines der beiden Augenpaare gehörte, ein wenig
schnippisch.
„Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen“,
brummte der Mann, der unschwer als Elizas Vater zu erkennen war.
„Sie hatte bislang noch keine Beziehungen die lange genug
gedauert hätten, dass uns der junge Mann auch nur vorgestellt worden wäre“,
ergänzte die Mutter der Braut verstört.
Vanessa schaffte es gerade noch zu verhindern, dass sie
allzu offensichtlich ihre Augen verdrehte, musste aber immerhin zugestehen:
„Sehr viele Freunde
hatte sie nicht. Und es hat niemals sonderlich lange gehalten.“
„Letzteres gilt auch für Dorian“, gab Roman unwillkürlich
zu und biss sich zu spät auf die Zunge, als ihn gleich drei böse Blicke trafen.
„Man hätte das sicherlich glücklicher formulieren können“, meinte er schnell im
Versuch zu beschwichtigen. „Aber ich dachte auch, es wäre offensichtlich. Wir
sind jung und ungebunden und müssen uns dafür doch eigentlich nicht schämen,
oder?“
Noch nicht einmal Vanessa war nach diesem nicht eben
beruhigenden Einblick in das Leben der jungen Männer zuversichtlicher als
zuvor. Auch wenn sie natürlich wusste, dass sie und ihre Freundin es ganz
ähnlich gehalten hatte.
„Was diese ganze Sache nur noch unverständlicher macht“,
setzte sie den Gedankengang halblaut fort und stellte nach einer Schrecksekunde
fest, dass höchstens Roman verstanden haben mochte, womit sich ihre Gedanken
kurz beschäftigt hatten.
„Weil jetzt alles neu… Alles anders ist“, ertönte Elizas
Stimme von der Zugangstür aus.
Diesmal zuckten alle Anwesenden erschrocken zusammen,
denn niemand hatte ihr Kommen bemerkt. Unbeirrt sprach sie weiter: „Weil sich
alles nur noch um ihn dreht. Nur er ist noch wichtig. Er ist alles, was ich
will. Ich muss nicht monate- oder jahrelang warten, um das zu begreifen.“
„Aber Kind“, wandte ihre Mutter ein. „Du kennst ihn doch
gar nicht richtig. Woher willst du wissen…?“
„Das kann sie nicht“, ertönte Dorians Stimme von der
Eingangstür des Gebäudes - und damit von der anderen Seite des Raumes - aus.
Wieder zuckten vier Personen zusammen, da sie sich alle der Blondine zugewandt
hatten.
„Ebenso wenig, wie ich es wissen konnte. Weil alles
bisherigen Wahrheiten nicht mehr gelten. Alles Bisherige ist einfach… vorbei.
Also…?“
Er blickte allen vier Skeptikern der Reihe nach in die
Augen. „Was soll ich tun?“
„Frag nicht sie“, kam die Antwort von Eliza, noch bevor
jemand reagieren konnte. „Frag mich.“
Er wandte sich ihr zu. „Dann sag du es mir.“
Vanessa stöhnte auf, als es wieder passierte und die
gesamte Welt völlig bedeutungslos für die beiden wurde. Sie versanken im Blick
des Anderen und betraten eine andere Welt. Roman lächelte erwartungsvoll und
Elizas Eltern blickten verwirrt, als Vanessa seufzte: „Nicht schoon wieder…“
Aber es war hoffnungslos.
„Don't go wasting your emotion. Lay all your love on me. Don't go sharing your
devotion. Lay all your love on me.”
Hätte es eine Rolle gespielt, hätte man Eliza zugestehen
müssen, dass sie sehr viel besser singen konnte, als ihr Zukünftiger. Zumindest
aus Vanessas Sicht.
„Ist das nicht von ABBA“, wunderte sich die Mutter der
Braut.
„Was soll das denn jetzt?“, fragte ihr Vater fast
gleichzeitig.
Aber anstelle der beiden Entrückten antwortete Roman.
„Die Antwort ist es“, sagte er bestimmt. Und mehr an
Vanessa gewandt: „Wundert mich, dass dir das noch nicht aufgefallen ist, aber
das ist es und mehr braucht es nicht.“
Dann wandte er sich von der sprachlosen Brünetten ab und
den beiden verdutzten Eltern zu: „Herr und Frau…?“
„Schneider …?“
„Herr und Frau Schneider es ist so einfach, dass es sogar
in ein Lied passte. Und seitdem die Beiden sich vorgestern Abend zum ersten Mal
begegnet sind, scheint der einfach Text dieses Liedes das Drehbuch ihres Lebens
geworden zu sein.
Im Grunde geht es nur um eines: Um Liebe.“
Er machte eine Geste in Richtung der Beiden, die
mittlerweile zueinander getreten waren und deren Versunkenheit in den Augen des
anderen nur von einzelnen, gefühlvollen Küssen unterbrochen wurde.
„Selbst ein Blinder würde vom Strahlen geblendet, das von
ihnen ausgeht. Kann man das übersehen? Kann man sich dem in den Weg stellen?
Kann man noch etwas anderes sein als einfach glücklich darüber, dass es sowas
überhaupt noch gibt?“
Nach einer kurzen Pause, in der seine Gesprächspartner
der Aufforderung nachkamen und genauer hinsahen, fügte Roman noch mit fast
feierlichem Ernst in der Stimme hinzu: „Und wenn sich am Ende herausstellt,
dass es nicht gereicht haben sollte, dann hatten sie trotzdem immer noch etwas,
dass die meisten anderen Menschen nie erlebt haben werden.“
Vielleicht waren es die Worte des ruhigen Bulgaren.
Vielleicht war es aber auch der Anblick des verliebten Paares. Am wahrscheinlichsten
erschien es Vanessa im Nachhinein, dass sie es einfach nicht hatte glauben
wollen, weil es
nicht mehr… zeitgemäß war.
Aber schlussendlich musste sie ihm Recht geben. Als
Trauzeugen standen sie hinter dem Paar, dass natürlich anstelle eines traditionellen Liedes einen
anderen Song für ihre Trauung gewählt hatte. Und es war wie eine
Kurzzusammenfassung aller Geschehnisse der letzten Tage.
Es gab nur einen einzigen Wermutstropfen: Wie in aller
Welt konnte man darauf hoffen, so ein Glück selbst einmal zu erleben?
Auch Roman schien diese Frage zu bewegen, als er sich
unmittelbar nach dem Ja-Wort zu ihr beugte und flüsterte: „Ich schäme mich
richtig dafür, auch ein wenig neidisch zu sein, wo ich doch die einzigartige
Ehre habe, überhaupt dabei sein zu dürfen.“
Und nun, nachdem die Sorge über ihre Freundin nicht mehr
im Vordergrund stand, musterte Vanessa zum ersten Mal genauer diesen
ungewöhnlichen Mann, dessen Freund ihr gerade die beste Freundin weggeschnappt
hatte. Noch bevor sie sich selbst zur Ordnung rufen konnte - oder auch nur
wollte - hatte sie sich schon ihrerseits hinübergebeugt und geantwortet: „Neid
könnte sich als unnötig erweisen.“
„Wieso?“
„Es sind nicht sonderlich viele unverheiratete Frauen
anwesend, die den Brautstrauß fangen können“, erklärte sie mit einem listigen
Funkeln in den Augen. „Nur ich und… Upps. Niemand sonst.
Und jetzt zähl mal die unverheirateten Männer hier…“
mmh ich kann mich an das lied nicht erinnern aber die geschichte find ich schon sehr intressant
AntwortenLöschenaber auch ein wenig verwirrend durch die sprünge inder handlung
das ende find ich wirklich gut ^^
Es ist wirklich eine totale Liedinterpretation. Entstanden beim Hören und ansehen eines bestimmten Videos zu dem Song.
LöschenIch betrachte es selbst als eher schwächer, wenn ich es mit anderen meiner Texte vergleiche. Aber es hat Spaß gemacht... ;-)